NAHRHAFTER BRUCKNER
Arthaus Musik veröffentlicht eine DVD, auf der Günter Wand das NDR-Sinfonieorchester in Bruckners Fünfter Symphonie dirigiert, live aufgezeichnet beim Schleswig-Holstein Festival 1998. Wand war damals 86 Jahre alt! Zwar sieht man, wie er sich auf jemanden stützt, als er zum Pult kommt, aber wenn er dann den Taktstock erhebt, und die Musik beginnt, scheint er so sehr von ihr genährt zu werden, wie die Musiker von ihm. Er dirigiert eine spannungsgeladene, zielstrebige und kräftig konturierte Fünfte Bruckner, mit idealen Proportionen und textnah dem organischen Aufbau des Werkes Rechnung tragend. So erwächst aus dem Zustand absoluter Musik die mystische Größe der Komposition in unverfälscht natürlicher Weise. Eine großartige Interpretation (107243).

NEBOLSIN MIT SCHWACHEN PARTNERN
DVD-NebolsinEldar Nebolsin hätte sich für seine Videos mit den Klavierkonzerten Nr. 1 von Piotr Tchaikovsky und Nr. 2 von Sergei Rachmaninov bessere Partner suchen sollen als den recht routiniert dirigierenden Vladimir Lande und das genau so routiniert spielende Staatliche Symphonieorchester aus St. Petersburg. Nebolsins kristallklares, technisch sehr beeindruckendes Spiel kommt zwar gut zum Ausdruck, aber das Klavier klingt, als habe es Magersucht, es fehlt ihm deutlich an Klangvolumen. Die durchaus interessante, sehr persönliche und eminent rhetorische Interpretation der 4. Beethoven-Sonate leidet unter einem halligen Klangbild. So bleibt von diesem Naxos-Video ein sehr zwiespältiger Eindruck, der eines hoch talentierten Pianisten in einem eher kühlen Umfeld (2.110284).

TIANWA YANG IN LUSTLOSEM UMFELD
DVD-YangAuch Tianwa Yang hätte bessere Produktionsbedingungen verdient gehabt. Sie müht sich redlich ab, um dem Tchaikovsky-Violinkonzert ein Maximum an Ausdruckskraft abzugewinnen – und sie tut es wirklich wunderbar, aber das Staatliche Symphonieorchester aus St. Petersburg agiert daneben so lustlos und verschlafen, als seien die Musiker gerade aus einer nicht beendeten Mittagspause gekommen. Umso frappierender wirkt Yangs funkelndes Geigenspiel, technisch bravourös und aufs Feinste ziseliert und gleichzeitig von einer sensiblen Seele inspiriert. Im ersten Satz des Brahms-Konzert funktioniert das Zusammenspiel etwas besser, und hier überrascht Tianwa Yang mit einer höchst energischen und klangintensiven Interpretation. Jeder Ton wird mit Ausdruck und Sorgfalt geformt. Der orchestrale Beginn des Adagios lässt den Zuhörer fast einschlafen, und von Zusammenmusizieren kann dann in der Folge keine Rede mehr sein. Das starre und schlampige Spiel des Orchesters belastet das Spiel der Solistin im letzten Satz. Glücklicherweise verabschiedet sie sich dann allein mit der 3. Ysaÿe-Sonate, der Ballade, deren Klangreichtum sie direkt phänomenal zur Wirkung bringt (Naxos 2.110283).

DIE FRAUEN-ROLLEN BEI RICHARD STRAUSS
DVD-HeroinesDer Film ‘Richard Strauss and his heroines’ von Thomas von Steinaecker beleuchtet die Frauenrollen in den Strauss-Opern. Am Ende des Streifens hat man den Eindruck, einen mäßig interessanten Zeitungsartikel ohne neuen Erkenntnisse gelesen zu haben, der für den Film mit Auszügen aus Opern und einigen Aussagen von Sängerinnen und Dirigenten angereichert wurde. Zu brav ist das Ganze, als dass es zu einer Empfehlung reichen würde (102181).

TROTZ GRUBEROVA NICHT ÜBERZEUGEND
DVD-BeatriceVincenzo Bellinis Oper ‘Beatrice di Tenda’ gibt es nun bei Arthaus Musik (107341) in einer Produktion des Opernhauses Zürich von 2001. Daniel Schmid hat die dramaturgisch schwache Handlung aus dem 15. ins 20. Jahrhundert verlegt, aber die schicke Ausstattung passt überhaupt nicht zur Musik und zum Plot. Edita Gruberova singt die Titelrolle mit Bravour, und auch wenn sie stimmlich nicht mehr die Jüngste ist, ist ihre Technik immer noch bemerkenswert. Michael Volle ist technisch zwar nicht einwandfrei, aber er singt mit viel Ausdruckskraft. Stefania Kaluza ist eine akzeptable Interpretin der Agnese. Tenor Raul Hernandez (Orombello) singt manchmal etwas angestrengt. Chor und Orchester sind exzellent unter Marcello Viottis zupackender und auf eine wohlklingende Leichtigkeit der Musik abzielender Leitung.

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