Beethovens Neunte, 1963 in Bayreuth, mit Karl Böhm
1963 begingen die Bayreuther Festspiele den 150. Geburtstag Richard Wagners mit einer Aufführung der Neunten Symphonie Ludwig van Beethovens. Am Pult vor dem Bayreuther Festspielchor und dem Festspielorchester stand Karl Böhm. Ihm gelang eine kraftvolle, zupackend dirigierte Interpretation mit einem sehr getragen konzipierten Adagio und einem explosiven Finalsatz, in dem er mit Gundula Janowitz, Grace Bumbry, Jess Thomas und George London auf ein erstklassiges Vokalquartett zählen konnte. Das historische Mono-Tondokument dieses Festkonzerts liegt nun in einem kräftig konturierten, aber etwas matten Remastering vor, nach etlichen zum Teil grauenhaften Piratenveröffentlichungen. (Orfeo C935171B)
Unbekanntes von Nadia Boulanger
Mit zahlreichen Ersteinspielungen von Nadia Boulanger wartet das Doppelalbum ‘Mademoiselle – Première Audience’ auf. Die Sopranistin Nicole Cabell, der baritonale Tenor Alek Shrader und der Bariton Edwin Crossley-Mercer singen 26 Lieder von Boulanger, die sich durch eine ganz besondere Leidenschaftlichkeit auszeichnen. Der Cellist Amit Peled und die Pianistin Lucy Mauro zeichnen verantwortlich für sehr gute Interpretationen in Klavierwerken und Cellostücken. Schließlich spielt François-Henri Houbart noch auf der Cavaillé Coll-Orgel in der ‘Eglise de la Madeleine’ in Paris einige Orgelkompositionen. (Delos DE3496)
Feminin und bewegend
Zwei sehr feminine und sensible Interpretationen der Klaviersonate Nr. 3 von Johannes Brahms (recht rückwärtsgewandt klassisch) und der b-Moll-Sonate von Liszt (sehr zurückgenommen in der Lautstärke, fein ziseliert und bewegend in ihrer Nachdenklichkeit) gibt es auf einer CD von Quartz, mit, dazwischengeschoben ‘Consolation’, ebenfalls von Franz Liszt. Die sehr persönlichen und durchaus respektablen Interpretationen stammen von der englischen Pianistin Grace Francis. (Quartz QTZ2124)
Unsäglich schlecht
In einer unsäglich schlechten Aufnahme, die Schuberts Große C-Dur-Symphonie in einem schrecklich diffusen, unkonturierten und halligen Klangbrei zu Gehör bringt, spielen die Brandenburger Symphoniker unter Peter Gülke. Zur Interpretation kann ich nichts sagen, der Klang ist so schlecht, dass ich nach etwa 10 Minuten abgeschaltet habe. (1 SACD MDG Scene 901 2053-6)
‘Rosenkavalier’ mit gutem Orchester und schlechten Sängern
Eine vor allem wegen des quicklebendigen und kontrast- und konturenreichen Dirigats von Marc Albrecht brauchbare Alternative ist die Liveaufnahme der Strauss-Oper ‘Der Rosenkavalier’ aus der Niederländischen Nationaloper. Die Tontechnik räumt dem formidablen ‘Netherlands Philharmonic’ in der Surround-Aufnahme einen wichtigen Platz ein, zu Lasten des Komponisten, dessen Wiener Charme völlig untergeht, sowie der Sänger, unter denen Camilla Nylund mit nicht immer reiner Vokalführung und gepresster Höhe enttäuscht, während die irische Mezzosopranistin Paula Murrihy einen akkuraten Octavian singt und Hanna-Elisabeth Müller eine sehr selbstsichere Sophie. Die schlechteste Sängerleistung kommt von Peter Rose als Ochs. Nun muss ich zugeben, dass die starke Präsenz des Orchesters die vokalen Mängel etwas übertüncht, und genau wegen des Orchesters kann man diese Aufnahme als Alternative ansehen, nicht weil die Interpretation richtig wäre, wie oben bereits gesagt, sondern wegen der Agilität und der Farben, die die Strauss-Musik in ein neues Gewand kleiden. Wer damit umgehen kann und die richtigen Werte nicht aus den Ohren verliert, kann mit dieser Produktionen etwas anfangen. (Challenge Classics CC72741)
Hommage an Zoltan Kocsis
‘Zoltan Kocsis – A Tribute’ nennt sich ein Doppelalbum, das sich aus vornehmlich populären Aufnahmen aus dem Hungaroton-Katalog zusammensetzt, eingespielt zwischen 1989 und 2010. Dabei stehen neben Heimspielen wie (sehr viel) Bartok, Kodaly und Liszt auch Stücke von Rachmaninov, Chopin Sibelius, Debussy, Ravel, und, etwas verloren in dem Ganzen, Mozart (6. Klavierkonzert) auf dem Programm. Um sich schnell die Bandbreite des Talents von Kocsis vor Ohren zu führen, reicht die CD aus, aber es gibt genügend konsistentere Programme bei Hungaroton, um das Geniale dieses Musikgiganten zu erfassen. (HCD32803-04)
Von Mördern und Ermordeten
Ein wirklich apartes Programm hat sich das Duo ‘Repicco’ (Kinga Ujzaszi, Geige, und Jadran Duncumb, Theorbe) für seine erste CD ausgedacht. ‘Assassini, Assassinati’ wendet sich der Musik von Komponisten zurzeit der Auseinandersetzungen zwischen den Medicis und den Borgias zu, Komponisten die wegen Intrigen umgebracht wurden, bzw. andere ermordeten. Von den Komponisten Bellerofonte Castaldi, Ignazio Albertini, Alessandro Stradella, Giovanni Antonio Pandolfo Mealli und Biagio Marini war nur der letztgenannte in keine Bluttat verwickelt. Dafür war er dreimal verheiratet und zeugte fünf Söhne, von den Mädchen geht keine Rede in den Dokumenten. ‘Repicco’ musiziert einfallsreich, mit viel Affetto und sehr oft auch mit dem Schalk im Nacken. (Ambronay AMY308)