Paul Hindemith: Nobilissima Visione (Vollständiges Ballett), 5 Stücke für Streichorchester op. 44/4; Seattle Symphony Orchestra, Gerard Schwarz; 1 CD Naxos 8.572763; 5/11 (58'37) – Rezension von Remy Franck

Der russische Tänzer und Choreograph Léonide Massine regte Paul Hindemith im Oktober 1936 zu einem gemeinsamen Ballettprojekt an. Massine, der seinen Ruhm mit Choreographien für Diaghilevs ‘Ballets Russes’ aufgebaut hatte, war damals Künstlerischer Leiter des ‘Ballet Russe de Monte Carlo’. Bei einem Treffen mit Massine in Florenz im Mai 1937 sah Hindemith Giottos San-Francesco-Fresken in der Kirche ‘Santa Croce’, die ihn dazu inspirierten, das Leben des Franz von Assisi als Sujet zu wählen. Den Ballettplan entwickelten Massine und Hindemith gemeinsam.

Die ‘Nobilissima Visione’, auf die der Titel anspielt, ist die des reichen Franziskus, der in dieser Vision den allegorischen Figuren der Demut, Keuschheit und Armut begegnet.

Das bekannte mittelalterliche Troubadour-Lied ‘Ce fut en mai’ diente Hindemith als Hauptmotiv für diese mystische, streicherdominierte Komposition, die auf dieser CD in voller Länge zu hören ist. Der Vermerk, es sei dies eine Erstaufnahme, stimmt freilich nicht, denn der im letzten Februar verstorbene Karl Anton Rickenbacher hat die gesamte Ballettmusik bereits 1994 für Koch Schwann aufgenommen. Da klingt die Musik allerdings wesentlich ruhiger und nobler als bei Gerard Schwarz, der zwar im Tempo manchmal sogar langsamer ist als Rickenbacher, jedoch akzentreicher und nervöser dirigiert als sein Schweizer Kollege. Auch eine mir vorliegende frühe Aufnahme einzelner Teile aus dem Werk durch Joseph Keilberth ist wesentlich gemäßigter im Klang, und das gefällt mir persönlich besser, und passt vielleicht auch besser zum Thema.

Sehr schön und kantabel werden die größtenteils meditativen ‘Fünf Stücke für Streichorchester’ gespielt.

Paul Hindemith’s rarely performed complete ballet Nobilissima visione is heard on this disc in a lively and richly accentuated quite sharp version which, after all, lacks the noble character the theme is suggesting.

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