Antonin Dvorak: Symphonie Nr. 9; Bedrich Smetana: Die Moldau; Wiener Symphoniker, Karel Ancerl; 1 CD WS 008; 02/58 (49’01) - Rezension von Alain Steffen

Diese neue CD in der Reihe der Wiener Symphoniker geht zurück auf eine Einspielung von 1958. Neben Vaclav Talich, Karel Sejna und Vaclav Neumann war Karel Ancerl wohl der prominenteste Vertreter der tschechischen Dirigentenschule des 20. Jahrhunderts. Berühmt war Ancerl wegen seiner großartigen Interpretationen von Janacek, Martinu und natürlich Antonin Dvorak.

Wer diese CD nun anhört, wird überrascht sein, wie ‘modern’ und wenig nationalistisch-pathetisch Ancerl die 9. Symphonie von Antonin Dvorak, das Paradestück der tschechischen Klassik dirigiert. Dort, wo andere Dirigenten böhmische Stimmungen und ein melodienreiches Klangideal anstreben, widersetzt sich Ancerl diesen auf pure Schönheit ausgerichteten Interpretationskonzepten. Seine Interpretation der Neunten ist oft erstaunlich harsch und akzentreich, die Melodien werden in ihrer ganzen Schönheit relativiert und objektiviert, so dass das Gefühl von Klangseligkeit erst gar nicht aufkommt. Eine gewisse Zerrissenheit im Ausdruck und ein sehr kritischer Umgang mit dem musikalischen Material machen Ancerls Interpretation besonders interessant.
Smetanas ‘Moldau’ ist ein typischer Füller und wird mit der gleichen Ernsthaftigkeit und kritischen Hinterfragung interpretiert wie Dvoraks Neunte. Leider krankt diese Veröffentlichung, wie auch schon andere historische Dokumente der Wiener Symphoniker, unter einem für die heutigen Möglichkeiten doch sehr schlechten Klangbild, das beispielsweise keinem Vergleich mit den hervorragenden Restaurierungen von Audite standhält. Das Klangbild ist fahl und eingeengt, so dass das Spiel und der Orchesterklang der Symphoniker nicht richtig zur Geltung kommen. Ich gebe daher Ancerls Einspielung von 1961 mit der Tschechischen Philharmonie den Vorzug. Dennoch bleibt diese Aufnahme ein wichtiges Zeitdokument.

Without a hint of pathos or melodic bliss, Karel Ancerl’s account of both the Dvorak symphony and Smetanas’ Vltava are gripping, despite a bad sound quality.

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