Entre dos Tiempos; Marcello: Ciaccona; Barriere: Sonata IV; Cortes Garzon: Amandita y la Aurora; Iribarren: Villancico Vaya de Xacara; Veracini: Sonata XII op. 2; Anonymus / Martinez y Companon: Tonnada el Conejo + Suite Indigena + Para Las Chinas Locas; Murcia: Pasacalle por la E; Canavas: Ciaconna; Merula: Hor ch'e tempo di dormiere; Ensemble Los Temperamentos, Néstor Fabián Cortés Garzón; 1 CD Arcantus 20023; Aufnahme 07/2019, Veröffentlichung 09/2020 (82'20) – Rezension von Jan-Geert Wolff

Mit ein paar Gitarrenakkorden beginnt die vierte CD des Ensembles Los Temperamentos, Entre dos tiempos – zwischen den Zeiten. Bald gesellt sich Schlagwerk dazu und dann übernimmt die Traversflöte die Führung. Das Zusammenspiel blüht in vielen Variationen immer weiter auf – silbrig glitzert das Cembalo durch: Man hört die Ciaconna aus der zweiten Flötensonate von Benedetto Marcello und damit ein Stück, das mit seinem ausufernden Klang sinnbildlich für den italienischen Stil innerhalb der Barockmusik steht.

Doch die Reise beginnt ja erst: zwischen den Zeiten und irgendwie ja auch zwischen den Stilen. Denn nach dem Italiener Marcello geht es attacca weiter zum Franzosen Jean-Baptiste Barrière, dessen vierte Sonate für Violoncello und Basso continuo den eleganten französischen Stil dokumentiert. Man hört noch weitere Beispiele dieses „franko-italienischen Paradoxons“: Francesco Maria Verancini und Tarquinio Merula sowie Jean Baptiste Canavas.

Geleitet wird Los Temperamentos von Cellist Néstor Fabián Cortés Garzón – und dass auf jedem seiner Namensteile ein Akzent steht, scheint er als Auftrag zu verstehen, so eindringlich pointiert kommt die Interpretation daher. ‘Entre dos Tiempos’ verfolgt den Gedanken, wie sich Menschen im gleichen Moment an verschiedenen Orten der Erde ausdrückten. Und um das Bild südlich abzurunden, hat man auch Werke hispanischer Komponisten ausgewählt: Juan Francés de Iribarren, Santiago de Murcia sowie (von Garzón behutsam arrangierte) Stücke anonymer Meister aus Südamerika. Dass bei Los Temperamentos auch Musiker von diesem Kontinent mitspielen, verleiht der Interpretation eine überzeugend authentische Note, womit sich ein an musikalischen Farben prachtvolles und detailverliebtes Bild ergibt, das den Reiz dieser CD ausmacht – neben dem Kennenlernen ‘neuer’ Alter Musik natürlich.

Galanter Stil und lebensfrohes Musizieren, das geradezu zum Tanzen anregt: Es ist spannend zu hören, wie durchaus folkloristisch und modern Barockmusik aus Übersee klingt. Los Temperamentos taucht tief in die Stücke ein und holt so manche Perle ans Licht, die im Funken schlagenden Spiel des Ensembles schillernd glänzt. Berührende Solopassagen, verträumtes Gitarren- und Flötenspiel, klare musikalische Kommunikation wie in Veracinis Passagallo und beseelt-bildhafter Gesang von Swantje Tams Freier, Caroline Bruker Freier sowie Sönke Tams Freier und Nadine Remmert: Die bei Arcantus erschienene CD ist zudem exzellent aufgenommen, was die Alte Musik zusätzlich nach wie vor quicklebendigen Organismus vorstellt. Wer in Zeiten von Corona nicht reisen kann oder mag, dem empfiehlt sich ‘Entre dos Tiempos’ als gelungener musikalischer Urlaub mit einem klingenden Cocktail im Ohr.

The fourth CD of Los Temperamentos, Entre dos tiempos – Between Times, begins with a few guitar chords. Soon percussion is added and then the flute takes the lead. The interplay blossoms in many variations, namely with the glittering harpsichord. One hears the ciaconna from Benedetto Marcello’s second flute sonata, a piece that with its overflowing sound is symbolic of the Italian style within Baroque music. But the journey is just beginning: between the times and somehow also between the styles.
Los Temperamentos is conducted by cellist Néstor Fabián Cortés Garzón – and the fact that there is an accent on each part of his name seems to him to be a commission, so forcefully are his interpretations. ‘Entre dos Tiempos’ pursues the idea of how people expressed themselves at the same moment in different places on earth.
The fact that Los Temperamentos also includes musicians from this continent gives the interpretation a convincingly authentic touch, resulting in a picture full of musical colour and attention to detail, which is the attraction of this CD – in addition to getting to know ‘new’ early music, of course.

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