Das Israel Philharmonic gastierte in der Luxemburger Philharmonie. Alain Steffen berichtet und kommentiert. Wir veröffentlichen seinen Beitrag, weil sein Ärger berechtigt ist. Es soll uns allerdings niemand unterstellen, dieser Beitrag sei antisemitisch.
Wer den Staat Israel kritisiert, ist deswegen kein Antisemit. Diese gefährliche Vermischung von Wertungen zeigt, wie sehr viele Leute von Israels Propaganda bewusst irregeleitet werden. Wenn Antisemitismus mit Israel-Kritik gleichzusetzen wäre, dürfte man Israel wegen seines Gaza-Krieges – der von den Terroristen des Hamas provoziert wurde, auch das muss gesagt werden – nicht kritisieren Und das kann nicht sein! (RF)
(AS) – Wie mag man sich wohl als Orchestermusiker fühlen, wenn man auf Auslandstournee geht und als ‘wichtigster Kulturbotschafter’ eines Landes auftritt, dessen Regierung sich Kriegsverbrechen und Völkermordes schuldig macht?
Anders als Chefdirigent Lahav Shani, der sich öffentlich, wenn auch sehr vorsichtig gegen diesen von Israel geführten Krieg geäußert hat, wartet man noch bis heute auf eine eindeutige Stellungnahme des Israel Philharmonic Orchestra, seiner Musiker und seiner Verantwortlichen.
Und wie kann man, wie bei dem Konzert vor ein paar Tagen in Paris, als Zugabe die israelische Nationalhymne zu spielen? Das war einfach geschmacklos und respektlos, zeigte aber irgendwie die Gesinnung und Haltung des Israel Philharmonic Orchestra, das mit seinen 10 Prozent an staatlichen Subventionen zwar kein Staatsorchester, sondern eine selbstbestimmende Kooperative ist, aber dennoch für den Staat Israel steht.
Und gerade in dieser Zeit und in dieser Situation israelische Musik- und Kulturschaffende ins Ausland zu senden, wirkt auf mich wie ein Hohn. Heute sind die humanitäre Katastrophe und das menschliche Elend so groß, dass man nicht einfach zu einem Konzert des Israel Philharmonic Orchestra gehen und es am Schluss bejubeln kann, so gut die Aufführung auch gewesen sein mag.
Das Orchester hatte sich für zwei publikumswirksame Werke von Beethoven und Tchaikovsky entscheiden.
Zunächst erklang Beethovens 5. Klavierkonzert, für das auf dieser Tournee drei verschiedene Pianisten von Weltrang zur Verfügung standen: Andras Schiff, Igor Levit und Yefim Bronfman. Letzterer spielte das Konzert in der Luxemburger Philharmonie, bei dem es keine Zwischenfälle im Saal gab. Es war an sich eine großartige, sehr musikantische Aufführung dieses beliebten Konzerts, die vom Publikum dann auch mit Begeisterung aufgenommen wurde.
Und so hervorragend Lahav Shanis Interpretation der 5. Symphonie von Peter Tchaikovsky und das grandiose Spiel des Israel Philharmonic Orchestra auch waren, so wenig konnte ich mich an diesem Abend darüber freuen. Mir wäre es lieber gewesen, die Musiker hätten den Mut gehabt, ihre große Tournee auf einen späteren Termin zu verlegen. Von den Verantwortlichen der Philharmonie Luxemburg hätte ich erwartet, das Konzert ohne Stellungnahme des Israel Philharmonic Orchestra gegen die Kriegsverbrechen des israelischen Staates zu annullieren.
Das Klischee, dass Musik und Konzerte völker- und menschenverbindend sind und nichts mit Politik zu tun haben (sollten) ist eine sehr romantische Ansichtsweise und in diesem Falle reine Augenwischerei. So wünsche ich allen, die das Konzert des Israel Philharmonic Orchestra besucht und bejubelt haben, dass Ihnen zumindest ein bitterer Nachgeschmack erhalten bleibt.



















