Thomas Adès: The Exterminating Angel Symphony + Violinkonzert; Leila Josefowicz, Violine, Minnesota Orchestra, Thomas Sondergard; # Pentatone PTC5187487; Aufnahme 09.2024, Veröffentlichung 14.11.2025 (39'43) – Rezension von Uwe Krusch ** (For English please scroll down)

Während das Violinkonzert von Adès schon häufiger aufgenommen wurde, handelt es sich bei der Einspielung von The Exterminating Angel Symphony um die erste des Werkes von 2020.

Als Opernadaption zur absurden schwarzen Komödie ‘Der Würgeengel’ nach dem Film von Luis Buñuel hat Adès eine Symphonie (und eben keine Suite oder nur Ouvertüre) geschrieben, die in vier Sätzen das Geschehen nachvollzieht. Nach dem wie ein Musical wirkenden Anfang führt Adès mit Beschleunigungen den Zuhörer zunächst wirbelnd durch die Ereignisse. Orchestrale Energie sowie brillant belcantoartige Soli der Konzertmeisterin verdeutlichen das. Im zweiten Satz werden die Ängste der eingesperrten Gäste durch bedrohliche Klänge hörbar. Erst im dritten Satz, Berceuse betitelt, kehrt mit einer Art Wiegenlied, das als Requiem für zwei dem Untergang geweihte junge Liebende erklingt, etwas Ruhe ein. Die Orchestrierung ist üppig und voller Fatalismus. Das Orchester bringt die dissonanten Untertöne für die aufgewühlte harmonische Progression mit traurigem, aber ungezwungenem Spiel hervor. Die Walzer im vierten Satz sind für Adès das Zusammenfügen der Scherben einer zerbrochenen Porzellanfigur. Walzergesten aus verschiedenen Teilen der Oper, heitere wie bedrohliche, wirbeln dafür durch das Orchester.

Das Violinkonzert (jetzt ohne den ursprünglichen Untertitel ‘Konzentrische Pfade’) folgt als dramatisches Werk der Ordnung Schnell-Langsam-Schnell. Mit dem der Fibonacci-Folge abgeleiteten Aufbau zeigt es den Fokus von Adès auf Prozess und Organisation. Ein Anklang an das Violinkonzert von Ligeti wie auch serielle Technik führen das 20. Jahrhunderts ein.

Für jeden Solisten, hier Leila Josefowicz, stellt das ununterbrochene Spiel im ersten Satz eine besondere Hürde dar. Doch sie weiß diese Aufgabe mit ungetrübter Qualität zu meistern. Das zeigt sich nicht nur darin, dass sie unermüdlich das rigorose Moto Perpetuo atmet, sondern auch Raum für präzise Gestaltungen und zarte Feinheiten findet.

Im zweiten Satz bedient Josefowicz die komponierten barocken Gesten wie eine moderne Chaconne im Dialog mit den Blechbläsern. Die folgende Solopassage kostet sie mit lyrischen Linien aus, bevor der dramatische Aufprall auf das Orchester folgt. Im folgenden Satz liegt das Schwergewicht auf zementierten Tanzrhythmen, wie sie seit Stravinsky bekannt sind. Darüber schweben die Soli in den Höhen, die ihnen das Instrument ermöglicht. Josefowicz findet dazu einen überzeugend einfühlsamen Zugang, dessen fantasievoll ausgeleuchtete Interpretation sie aus ihren stupenden technischen Fähigkeiten heraus entwickelt.

Das Minnesota Orchestra unter seinem Musikdirektor Thomas Sondergard ist nicht nur durch die exzellente Spielweise bestimmt, sondern findet gerade im ersten Satz des Konzerts einen ungewohnten leidenschaftlichen, romantisch ausgeprägten Ansatz. Daraus ergibt sich eine Einheit mit der Solistin. Die enge Verbindung des Dirigenten mit dem Komponisten bietet zudem die packende Übertragung der Ideen von Adès durch Sondergard auf das Orchester. Das wird dann auch in dem tatkräftigen Einsatz für die Opernsymphonie deutlich.

While the violin concerto has been recorded frequently, the recording of The Exterminating Angel Symphony is the first of the work from 2020.

As an opera adaptation of the absurd black comedy ‘The Exterminating Angel’ based on the film by Luis Buñuel, Adés has written a symphony (and not a suite or just an overture) that retraces the events in four movements. After a musical-like beginning, Adés leads the listener through the events with accelerating tempo changes. Orchestral energy and brilliant bel canto-like solos by the concertmaster underscore this. In the second movement, the fears of the imprisoned guests become audible through menacing sounds. Only in the third movement, entitled Berceuse, does some calm return with a kind of lullaby that sounds like a requiem for two young lovers doomed to destruction. The orchestration is lush and full of fatalism. The orchestra produces the dissonant undertones for the turbulent harmonic progression with sad but unforced playing. For Adès, the waltzes in the fourth movement are like piecing together the shards of a broken porcelain figurine. Waltz gestures from different parts of the opera, both cheerful and threatening, swirl through the orchestra.

The violin concerto (now without its original subtitle, “Concentric Paths”) follows a dramatic fast-slow-fast structure. With its composition derived from the Fibonacci sequence, it demonstrates Adès’s focus on process and organization. Echoes of Ligeti’s violin concerto and serial technique introduce the 20th century.

For any soloist, in this case Leila Josefowicz, the uninterrupted playing in the first movement presents a particular hurdle. But she masters this task with unblemished quality. This is evident not only in her tireless breathing of the rigorous moto perpetuo, but also in her ability to find space for precise phrasing and delicate subtleties. In the second movement, Josefowicz treats the composed Baroque gestures like a modern chaconne in dialogue with the brass. She savors the following solo passage with lyrical lines before the dramatic impact of the orchestra follows. The following movement focuses on dance rhythms, familiar since Stravinsky. Above them float the solos in the upper registers that the instrument allows. Josefowicz finds a convincingly sensitive approach, developing her imaginatively illuminated interpretation from her stupendous technical abilities.

The Minnesota Orchestra, under its music director Thomas Sondergard, is not only defined by its excellent playing, but also finds an unusually passionate, romantic approach, especially in the first movement of the concerto. This results in a unity with the soloist. The conductor’s close connection with the composer also allows Sondergard to convey Adès’ ideas to the orchestra in a gripping manner. This is also evident in the energetic performance of the opera symphony.

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