Wer die rezente Aufnahme der Pianistin Yulianna Avdeeva auf Pentatone kennt, der spürt sofort, dass hier eine geborene Shostakovich-Interpretin zu Werke geht! Ihre Interpretation der 24 Preludes & Fugues darf als richtungsweisend angesehen werden. Pizzicato-Mitarbeiter Alain Steffen hat die Pianistin im Konzert gehört.

In ihrem Konzert spielte die Pianistin in der ersten Konzerthälfte ein sogenanntes ‘best of’. Wir erinnern, dass eine Gesamtaufführung gut zweieinhalb Stunden dauert. Für ihr Konzert im Kammermusiksaal der Philharmonie hatte die Interpreten die Nummern, 1, 2, 6, 7 und 12 aus dem 1.Buch und die Nummern 14, 21 und 24 aus dem 2.Buch ausgewählt. Wie schon auf ihrem Album musste man zuerst einmal auf ihren hellen, manchmal grell-aggressiven Klang einschwingen. Kein Zweifel, Yulianna Avdeeva spannte eine Brücken zwischen Moderne (das Werk wurde 1950/51 für Tatiana Nikolaeva komponiert, die das Werk (auf ihren Aufnahmen weitaus melancholischer mit mehr Klangvolumen spielte) und Barock. Dabei brachte sie es fertig, dass Shostakovich manchmal wirklich wie Bachs Wohltemperiertes Klavier klang, an dem sich Shostakovich ja orientierte. Bei ihrer Interpretation nahm sich die Interpretin quasi ganz zurück und überließ dem Komponisten die Bühne. Spieltechnisch war Avdeeva brillant, ihr manchmal recht jazzig anmutendes Spiel war vor allem auf Klarheit bedacht. Der Anschlag war sicher, wohldosiert und passte sich jede der Nummern auf ideale Weise an. So wurden minimale Stimmungs- und Dynamikwechsel hörbar, die so die Genialität dieses Werkes unterstrichen. Avdeeva verzichtete auf plakative Virtuosität und zu große Gefühle, alles wirkte wunderbar ausgeglichen, wohl ausbalanciert und wie aus einem Wurf.

Großartig waren auch die 24 Préludes von Frédéric Chopin. Die Pianistin blieb auch hier ihrem Konzept treu und trat hinter dem Komponisten zurück. Auch hier sehr viel Detailarbeit, die man allerdings gar nicht so spürte. Vielmehr gelang es Avdeeva, Chopins 24 Miniaturen als kompakte Seelenbilder, als tiefe Empfindungen eines Augenblicks zu spielen. Das Werk gewann durch die intelligente Interpretation somit an Aussagekraft und musikalischer Schönheit.

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