Am 9. November präsentiert das Capitol Theater in Offenbach am Main die Oper ‘Riccio’ in einer konzertanten, multimedial unterstützten Neuaufführung unter der Leitung von Yuval Zorn.
Der Einakter stammt aus der Roaring Twenties und erzählt die emotionsgeladene Geschichte von Königin Mary Stuart und ihrem italienischen Geliebten Riccio. Um ihr Drama auf einen einzigen Akt konzentrieren zu können, hat die Librettistin Martha Wertheimer (1890–1942) die historischen Tatsachen leicht abgewandelt: Beim Gottesdienst hört die Königin den himmlischen Gesang des Titelhelden. Ihr Gemahl Lord Darnley gesteht ihr seine Liebe und räumt ein, dass es ihm, einem Recken vom Scheitel bis zur Sohle, an der zwischenmenschlichen Zartheit gebricht, um seine Gefühle angemessen zum Ausdruck zu bringen. Aber eben danach sehnt sich die hohe Dame, und so kommt es zwangsläufig zum Ausbruch höchster Leidenschaften, die sich in der spät(est)romantischen Musik widerspiegeln … Die Rezensionen der zeitgenössischen Presse stellten die Nähe zu Richard Strauss‘ Salome heraus.
Die Oper stammt aus der Feder von Erich Riede (1903–1986), einem Komponisten mit Offenbacher Wurzeln und einer bemerkenswerten Biografie: Geboren in London, aufgewachsen in Offenbach, ging er 1929 nach New York als Assistenzdirigent für deutsches Repertoire an der Metropolitan Opera. Bei den Bayreuther Festspielen assistierte er Arturo Toscanini, der ihm ein begeistertes Empfehlungsschreiben ausstellte. Die Textautorin Dr. Martha Wertheimer war damals eine enorm agile Figur in der Kulturszene Offenbachs und Frankfurts. So war sie als Redakteurin der Offenbacher Zeitung unter anderem publizistische Wegbereiterin der Olympia-Fechterin Helene Mayer, dazu eine enthusiastische Aktivistin in kulturellen und religiösen Dingen. Später kämpfte sie mit aller Kraft gegen Verbrechen des NS-Regimes, 1942 verstarb sie auf der gewaltsamen Deportation ins Vernichtungslager Sobibor.
Am 26. Oktober 1947 ging für ‘Riccio’ erstmals am Landestheater Coburg der Vorhang auf. Laut zeitgenössischer Presse war es die erste Opern-Uraufführung in Bayern nach dem Zweiten Weltkrieg. Am 26. Februar 1950 war die Premiere am weit größeren Nationaltheater Mannheim. Beide Inszenierungen erlebten eine Reihe von Aufführungen und ein umfangreiches Presseecho. Darnach verschwanden Noten und Materialien in den Archiven des Offenbacher Verlags Johann André, bis Hans-Jörg und Moritz André sowie der Offenbacher Kulturamtsleiter Ralph Philipp Ziegler die Wiederentdeckung ermöglichten.
Michael Strecker hat Klavierauszug und Stimmmaterial neu gesetzt; Yuval Zorn dirigiert das 65-köpfige Capitol-Orchester, ergänzt durch sechs Solisten und acht Choristen. Videoprojektionen von Tim Seger ergänzen das Geschehen statt eines klassischen Bühnenbilds.

















