Für Wolfgang Rihm konnte eine musikalische Zelle auf zwei Arten bedeutsam sein: Entweder konnte sie eine einzelne Einheit sein, die sich nicht weiterentwickeln muss. Oder sie konnte als Keim oder Kern für weitere Entwicklung dienen. Beides ist in Fremde Szene III, Bezug nehmend auf Schumann Kinderszenen, hörbar. Der erste Abschnitt bringt Fragmente, die im Raum existieren. Danach wandert das Stück entdeckungsfreudig, jedoch ungebunden durch tonales Terrain.
Die Interpreten erinnern sich zum Trio von Schubert an eine Redewendung aus dem Studium: « Jeder glückliche Moment bei Schubert kommt mit einer Träne, und jeder traurige mit einem leisen Lächeln.“ Für dieses Werk sehen sie eine Ausnahme, da sich jeder Satz zwischen freudigem Aufblühen und innigem Gesang bewege.
Der Name Trio Brontë bezieht sich auf die gleichnamigen vier Schwestern, von denen drei als Schriftstellerinnen bekannt sind. Deren Leidenschaft fürs Erzählen von Geschichten sowie Intelligenz und Kameradschaft sollen sich im Ensemblenamen und damit im Wirken spiegeln. 2022 wurde das Ensemble in Berlin von der bulgarischen Pianistin Lili Bogdanova, der deutsch-italienischen Geigerin Chiara Sannicandro sowie der amerikanischen Cellistin Annie Jacobs-Perkins gegründet.
Hier legen sie ein sehr bekanntes Werk, das Trio von Schubert vor, das man in ungezählten Vergleichseinspielungen hören kann. Weniger oft erklingen die Fremden Szenen von Rihm.
In ihrer Interpretation des B-Dur Trios finden sich einzelne beglückende Momente, wie gleich zu Beginn die zartest gehauchten Streichertupfer zum Piano. Und auch sonst verstehen sie es, die große Gefühlswelt herauszuholen, wobei viele Nuancen zu pointiert erscheinen, also nicht aus dem Fluss, sondern gewollt gesetzt. Manche Harmonie würde sich über eine ausgehorchte intonatorische Behandlung freuen und das Erzählen gerät auch mal barsch, nicht nur leidenschaftlich. Im Vergleich zu vielen anderen Einspielungen möchte ich diesen Schubert jedenfalls nicht hören.
Die dritte Fremde Szene von Rihm bleibt in dieser die moderne Seite betonenden Sicht genau das, eine fremde Szene.
For Wolfgang Rihm, a musical cell could be significant in two ways: either it could be a single unit that did not need to develop further, or it could serve as a seed or nucleus for further development. Both are audible in Fremde Szene III, which refers to Schumann’s Kinderszenen. The first section presents fragments that exist in space. After that, the piece wanders through tonal terrain, eager to discover but unbound.
The performers recall a phrase from their studies when thinking of Schubert’s trio: “Every happy moment in Schubert comes with a tear, and every sad moment with a quiet smile.” They see this work as an exception, as each movement moves between joyful blossoming and heartfelt singing.
The name Trio Brontë refers to the four sisters of the sursame name, three of whom are known as writers. Their passion for storytelling, intelligence, and camaraderie are reflected in the ensemble’s name and thus in its work. The ensemble was founded in Berlin in 2022 by Bulgarian pianist Lili Bogdanova, German-Italian violinist Chiara Sannicandro, and American cellist Annie Jacobs-Perkins.
Here they present a very well-known work, Schubert’s Trio, which can be heard in countless comparative recordings. Rihm’s Fremde Szenen is heard less often.
Their interpretation of the B flat major trio contains some delightful moments, such as the delicate breath of the strings accompanying the piano right at the beginning. And elsewhere, too, they know how to bring out the rich emotional world. However, many nuances seem too pointed, not flowing but deliberately placed. Some harmonies would benefit from more careful intonation, and the narrative sometimes comes across as harsh rather than passionate. Compared to many other recordings, this is not the Schubert I want to hear.
In this interpretation, which emphasizes the modern side, Rihm’s third Fremde Szene remains just that: a strange scene.


















