Gewandhaus Leipzig
(c) Remy Franck

Mit Werken von Arvo Pärt, Antonin Dvorák und Jean Sibelius eröffnete das Gewandhausorchester Leipzig unter der Leitung ihres Kapellmeisters Andris Nelsons die Konzertsaison 2025/2026. Solistin im Dvorákschen Violinkonzert war Isabelle Faust. Michael Oehme berichtet.

Pünktlich zum Saisonstart wurde bekannt, dass Andris Nelsons seinen derzeitigen bis 2027 geltenden Vertrag um weitere fünf Jahre bis 2032 verlängert. Die Zusammenarbeit ist von Harmonie und Euphorie gleichermaßen geprägt. Noch vor dem Eröffnungskonzert in Leipzig absolvierten Nelsons und das Gewandhausorchester eine Europa-Tournee, die u. a. nach Grafenegg, zu den London Proms, Paris und Spanien führte. Das Orchester war also bestens präpariert und lieferte einen fulminanten Auftakt im eigenen Haus. Dieses erste Konzert wird seit einigen Jahren immer als ´Demokratiekonzert´deklariert, zu dem immer prominente Redner eingeladen werden. Unter dem Motto ´Den richtigen Ton treffen´ war es diesmal die in Lüneburg lehrende Politik- und Nachhaltigkeitswissenschafterin Maja Göbel. In ihrer intelligenten Ansprache beschwor sie, in unserer gespaltenen Gesellschaft zumindest den richtigen Ton unter- und miteinander zu finden und zog dabei auch Parallelen zur Musik. Vor ihrer Rede erklang Musik von Arvo Pärt, sein ´Cantus in memoriam Benjamin Britten´. Pärt, der jetzt am 11. September 90 Jahre alt wird, ist in dieser Saison als Residenzkomponist des Gewandhauses ausgerufen worden, ohne allerdings ein eigenes Werk für Leipzig zu schreiben bzw. in die Stadt zu kommen. Den ´Cantus´ widmete er 1977 dem von ihm verehrten Benjamin Britten, der ein Jahr zuvor verstorben war. Mit leisen Glockenschlägen beginnt das Werk, das in kanonischer Manier den Tonraum immer mehr ausschreitet und steigert, um wieder zu verklingen. Vor allem die Streicher des Gewandhauses konnten dabei sinnliche Fülle verströmen.

Für das Violinkonzert von Antonin Dvorák war Isabelle Faust ein Glücksfall. Ihr schnörkelloses, natürliches Spiel, ihr klarer Ton und die doch entschiedene, temperamentvolle Artikulation lassen sie immer wieder als ganz besondere, wirklich großartige Geigerin erleben. Nelsons und die Gewandhausmusiker begleiteten sie mit Begeisterung und Feuer. Das war ein echter Dvorák, der sein eher unterschätztes Violinkonzert ins rechte Licht rückte und beim Publikum Jubelstürme auslöste.

Andris Nelsons
(c) Marco Borggreve

Schließlich Jean Sibelius´zweite Sinfonie, eine eher große sinfonische Dichtung, in der die Sätze miteinander verzahnt und durch leitmotivartige ´Ohrwürmer´verbunden sind. Eine Italien-Reise soll Sibelius dazu inspiriert haben. Wir hören darin heute eher finnische Weite und nordische Mentalität. Nelsons und dem Gewandhausorchester gelang eine vom tastenden Anfang bis hin zum grandiosen Finale beeindruckende Interpretation von ungeheurer Spannung. Überirdisch die Holzbläser, großartig die Solotrompete und Solopauke sowie intensivste Streicher. Zurecht wurden sie alle mit Bravorufen und Standing Ovations gefeiert. Ein gelungener Auftakt der neuen Gewandhauspielzeit war das also, bei der neben dem erfreulich oft präsenten Andris Nelsons viele prominente Gastdirigenten und – solisten erwartet werden: Herbert Blomstedt wieder, Sakari Oramo, Paavo Järvi, Franz Welser-Möst, Semyon Bychkov, Leonidas Kavakos, Kirill Gerstein, María Duenas, Seong-Jin Cho, Lang Lang, Sol Gabetta, um nur einige Namen zu nennen. Die Leitung der traditionellen Aufführungen von Beethovens Neunter Sinfonie zum Jahreswechsel wird mit Mirga Grazinyte-Tyla erstmals in weibliche Hand gegeben.

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