Anton Reicha: Klavierwerke Vol. 3; L'art de varier op. 57; Ivan Ilic, Klavier; 1 CD Chandos CHAN20194; Aufnahme 02/2020, Veröffentlichung 08/012021 (86'50) - Rezension von Remy Franck

Die dritte Folge von Ivan Ilics Reicha-Reihe befasst sich mit L’art de varier op. 57. Der Zyklus besteht aus 57 sehr unterschiedlichen Variationen, die zwischen 1802 und 1804 in Wien komponiert wurden. Das fast anderthalbstündige Werk hatte zuvor bloß Mauro Masala für Dynamic aufgenommen, ohne wirklich den ganzen Reichtum der Komposition hörbar zu machen. Ilic trägt das Thema sehr reflektiv vor und spart auch in der ersten Variation noch Energie, die er dann in der zweiten loslässt.

Und die restlichen Variationen differenziert er dann so gut, dass aus jeder Variation ein richtiges kleines Charakterstück wird, was die Modernität der Musik unterstreicht, die deutlich auf Schumann hinweist. Das technische Raffinement in Reichas Komposition wird dabei in den Hintergrund gestellt. Ilic macht sich ein Vergnügen daraus, die immer neuen Variationsideen vorzustellen. Er tut das wie ein Erzähler, der von einer Geschichte so begeistert ist, dass er diese Begeisterung und Bewunderung unbedingt mit dem Zuhörer teilen möchte.

Das gibt der Interpretation eine Spontaneität, die keine Ermüdung oder Gelichgültigkeit aufkommen lässt. Mit Ilics romantischem Gestus und seiner guten Portion Schalk im Nacken fügen sich die 57 Variationen unter der bezwingenden Autorität einer starken Persönlichkeit zu einem meisterhaften Ganzen. Die Auseinandersetzung mit dem Opus 57 wird gerade durch die Autorität des Interpreten unbestreitbar großartig und von der ersten bis zur letzten Note zum spannend.

The third instalment of Ivan Ilic’s Reicha series deals with L’art de varier op. 57. The cycle consists of 57 very different variations composed in Vienna between 1802 and 1804. The almost one-and-a-half-hour work had previously only been recorded by Mauro Masala for Dynamic, without really making the full richness of the composition audible. Ilic performs the theme very reflectively and saves energy in the first variation, which he then releases in the second.
And he then differentiates the remaining variations so well that each variation becomes a real little character piece, which underlines the modernity of this music clearly pointing to Schumann. This also means that the technical refinement in Reicha’s composition is put in the background. Ilic takes pleasure in introducing the ever new variation ideas. He does this like a narrator who is so enthusiastic about a story that he is eager to share this enthusiasm and admiration with the listener.
This gives the interpretation a spontaneity that does not allow fatigue or indifference to arise. With Ilic’s romantic gesture and his good dose of mischievousness, the 57 variations come together under the compelling authority of a strong personality to form a masterful whole. It is precisely through the authority of the interpreter that the Opus 57 becomes undeniably magnificent and exciting from the first to the last note.

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