Am 30. September feiert das Orchester der Solistes Européens Luxembourg seinen 30. Geburtstag. Das erste Konzert fand am 20. September 1989 im Luxemburger Stadttheater statt. Die Musiker aus vielen europäischen Ländern und Orchestern spielen seit nunmehr 30 Jahren gemeinsam bei Konzerten und Aufnahmen in Luxemburg und im Ausland. In der Philharmonie Luxembourg veranstalten sie in jeder Saison zwei Konzertzyklen. Die Musiker haben bereits namhafte Solisten begleitet und sind in den großen Konzerthallen Europas aufgetreten. Im Mai 2004 haben sie bei der UNO in New York konzertiert, um die Erweiterung der EU feierlich zu begehen.
Sie haben mehr als 120 CDs, unter anderem die bei Sony Classical, Rubicon, Naxos und bei Chandos Records aufgenommen. Von der Vielfalt dieser Schallplattenaktivität und damit des Repertoires, zeugt diefolgende Zusammenstellung ausgewählter Rezensionen aus früheren Druckausgaben wie auch aus dem Online-Angebot von Pizzicato.

Solistes Européens Luxembourg

Mozart made in Luxemburg
♪♪♪♪♪ – Wolfgang A. Mozart: Konzert C-Dur für Flöte, Harfe und Orchester KV 299 + Konzert A-Dur für Klarinette und Orchester KV 622;
Susanna Mildonian, Harfe; Marc Grauwels, Flöte, Olivier Dartevelle, Klarinette, Solistes Européens Luxembourg, Jack Martin Händler; 1 CD
SEL Classics 1991/1; Aufnahme 1991, Veröffentlichung 1991 (56’17) – Rezension von Marcel Louis
Diese Mozart-Platte hat es in sich: Das Programm wird eröffnet mit dem Konzert für Flöte, Harfe und Orchester, in dem die gut aufeinander eingespielten Solisten viel Phantasie und Können entfalten, um ihre reizvollen Partien auch reizvoll zu gestalten. Jack Martin Händler lässt den Charme der kapriziös wogenden und wallenden Orchesterbegleitung sich voll entfalten.
Die Solistes Européens zeigen ungemein viel Spielfreude. Wo andere Orchester oft nur sanfte Wohlklänge produzieren, geht es den Solistes Européens bei aller spieltechnischer Finesse doch vor allem um eine inspirierte und inspirierende Vitalität.
Nicht weniger faszinierend ist die Einspielung des Klarinettenkonzerts: dank Händlers sensibler Orchesterleitung und Dartevelles ebenso sensiblem Solospiel kam hier eine großartige Darbietung zustande. Besonders die zweite Hälfte des zweiten Satzes ist so tief empfunden, dass man als Zuhörer den Atem anhält. Wie Dartevelle den Satz ausklingen lässt, das macht ihm so leicht keiner nach. Das Orchester spielt klanglich so ausgewogen, wie es (in der zum Vergleich herangezogenen EMI-Aufnahme) nicht einmal die Berliner Philharmoniker unter Karajan waren. Der sich um Balance sorgende Dirigent hat zudem nicht vergessen, dass dieses Konzert eines der letzten Werke Mozarts ist und einen robusteren Zuschnitt hat als die anderen Bläserkonzerte des Meisters. Im internationalen Angebot könnte sich diese Luxemburger Einspielung durchaus in einer Spitzenposition einreihen, denn sie ist auch aufnahmetechnisch von allerbester Qualität.

Die Solisten der Solisten
♪♪♪♪♪ – Vivaldi: L’Estro Armonico, Konzert Nr 8; Händel: Konzert für Harfe und Orchester op. 4,6; Vivaldi: Konzert für Fagott, Streicher und B.C. (La Notte); Mozart: Kirchensonaten Nr 9 u. 15; Rössler-Rosetti: Konzert für 2 Hörner und Orchester Nr. V/18: Solistes Européens, Luxembourg, Jack Martin Händler; 1 CD SEL Classics 1991/2; Aufnahme 1991, Veröffentlichung 1991 (60’48) – Rezension von Marcel Louis
Auf dieser Platte stellen sich eine Reihe von Musikern der Solistes Européens, Luxembourg als Solisten vor. Yigal Tunehs und Elyakum Zaltsmans betörendes Geigenspiel und die fast ehrfurchtsvolle Begleitung der Solistes Européens, die die Klänge zweier von ihnen mit äußerster Behutsamkeit einkleiden ist faszinierend. Das Larghetto im 8. Konzert aus Vivaldis Estro Armonico ist beglückend schöne Musik. Die beiden Allegri freilich sind nicht weniger gut geraten. Auch hier stimmt alles. Jack Martin Händler gestaltet ein dichtes, nuanciert und klar durchgeformtes Miteinander von Solisten und Orchester.
In Händels Konzert für Harfe und Orchester brilliert Susanna Mildonian, deren Spiel an technischer Virtuosität und künstlerischer Ausdruckskraft ihresgleichen sucht.
Dasselbe gilt für den Fagottisten Frantisek Herman, auch ein Solist des Orchesters, dessen Talent auf dieser Platte voll unter Beweis gestellt wird. Solist und Orchester musizieren mit spürbarer Spielfreude. Carlo Hommel ist der Solist der beiden Kirchensonaten von Mozart, von denen wir eine sehr verspielte und profane Aufnahme hören – der Titel Kirchensonate ist da schon fast nicht mehr angebracht. Die beiden Brüder Tylsar, Exponenten der tschechischen Schule des Waldhornblasens, sind die Solisten in Rössler-Rosettis Konzert Nr. V/18. Das Ohr erfreut sich an den klingenden Kaskaden der agil und dynamisch blasenden Solisten, die Jack Martin Händler in einen wohlklingenden, sehr homogenen Orchesterklang einbettet.
Auch diese CD ist von bester aufnahmetechnischer Qualität, so dass man guten Gewissens und ohne Übertreibung behaupten kann, die Solistes Européens hätten mit dieser Schallplatte ein weiteres beispielhaftes Dokument geschaffen.

Das Shostakovich-Trauma
Supersonic – Benjamin Britten: Simple Symphony op. 4; Joseph Haydn: Konzert C-Dur für Violine und Orchester; Dmitri Shostakovich: Kammersinfonie op. 110a; Sandrine Cantoreggi, Geige, Solistes Européens, Luxembourg, Jack Martin Händler; 1 CD SEL Classics 1992/3; Aufnahme 1991/1992, Veröffentlichung 1992 (64’47) – Rezension von Remy Franck
Ich kenne keine Interpretation der Simple Symphony von Benjamin Britten, in der die Ironie dieser Musik derart deutlich wird, wie in der vorliegenden Einspielung durch die Solistes Européens. Brittens feiner Humor kommt ebenso zum Ausdruck wie seine verspielte Eleganz. Jack Martin Händler holt an Plastizität, Dynamik und an Expressivität das Maximum aus der Simple Symphony heraus.
Mit einer reifen bemerkenswert eigenständigen Leistung wartet die junge Geigerin Sandrine Cantoreggi in Haydns 1. Violinkonzert auf. Mit ihrem prägnanten Geigenton und ihrer deklamatorischen Virtuosität drückt sie dieser Interpretation maßgeblich ihren Stempel auf, auch wenn die Solistes Européens recht energisch begleiten.
Der absolute Höhepunkt der CD aber ist die Kammersinfonie von Shostakovich. Es handelt sich hierbei um die Liveaufnahme aus jenem Konzert, an dem, im Januar 1991, Gideon Kremer mitgewirkt hatte. Die Aufnahme ist das Zeugnis einer absolut einmaligen musikalischen Sternstunde und wahrscheinlich einer der eindringlichsten Wiedergaben dieses außergewöhnlichen Werkes.
In dieser Interpretation steckt so viel konzentrierte Kraft, eine so ergreifende Expressivität, dass das Werk für den Zuhörer zu eine echt traumatischen Musik wird. Darum auch dauerte es im Konzert so lange, ehe das Publikum klatschte. Nach einer solchen Aufführung braucht man eben Zeit, um in die Wirklichkeit zurückzukehren. Sehr ansprechend ist auch die Aufmachung der neuen CD. Die Produzenten haben einmal mehr einen luxemburgischen Künstler gebeten, das Cover zu malen: Charly Reinertz ist ein elegantes und dennoch hochexpressives Bild gelungen, das ausgezeichnet zu der Musik dieser Platte passt.

Philippe Schartz überzeugt völlig gegenüber der Konkurrenz
♪♪♪♪♪ – Trompetenkonzerte von Georg F. Telemann, F. Joseph Haydn, Johann N. Hummel; Philippe Schartz, Solistes Européens Luxembourg, Jack Martin Händler; 1 CD SEL Classics 94.03.22; Aufnahme 1994, Veröffentlichung 09/1994 (41’55)
♪♪♪♪ – Haydn, Hummel, L. Mozart: Trumpet Concertos; Wynton Marsalis, National Philharmonic Orchestra, Raymond Leppard; 1 CD Sony Classical SK92619; Aufnahme 1991, Veröffentlichung 1992 (48′)
♪♪♪♪ – Carmen Fantasy – Bizet, Brandt, Arban, de Falla, Saint-Saëns, Paganini, Tchaikovsky, Fauré, Sarasate, Paganini; Sergei Nakariakov, Alexander Markovich (Klavier; 1 CD Teldec 4509-94554-2; Veröffentlichung 04/1994 (58’36) – Rezension von Remy Franck
Wenn man in Luxemburg einen luxemburgischen Musiker mit einem großen ausländischen Musiker vergleicht, läuft man Gefahr, für nicht ganz voll gehalten zu werden. Ich habe es aber hin und wieder getan, und wenn ich sage, dass es lange Zeit keinen Sänger gab, der den Bariton-Part in den Carmina Burana treffender und besser sang als Fernand Koenig, so hat bisher mir niemand das Gegenteil beweisen können.
Heute vergleiche ich eine rezente Aufnahme des Trompeters Philippe Schartz mit einer Neueinspielung des amerikanischen Trompeters Wynton Marsalis. Nehmen wir zuerst das Haydn-Konzert: Zwischen beiden Trompetern besteht sowohl in der Intonation wie auch in der Sanglichkeit kein großer Unterschied. Beide blasen optimal, strahlend klar, sehr präzise und mit einem bestechend reinen Ton. Schartz ist im zweiten Satz etwas langsamer, in den beiden anderen Sätzen etwas schneller als Marsalis. Insgesamt aber klingt er natürlicher, frischer, freier als der Amerikaner, dessen Spiel streckenweise etwas manieriert wirkt. Dieser Eindruck verdichtet sich im Hummel-Konzert, wo Marsalis u.a. mit Tempowechseln regelrechte Showeffekte zu erzielen versucht. Was das Orchester anbelangt, so sind die Solistes Européens dem English Chamber Orchestra unter Raymond Leppard deutlich überlegen (etwa im Verhältnis Einfamilienhaus zum Wolkenkratzer). Händlers Musiker spielen konturierter, farbiger und insgesamt weitaus präsenter als die Engländer, die nicht mehr tun als korrekt zu begleiten. Der Klang ist (gegenüber dem, den das die tschechischen Toningenieure in der Wiltzer Schule eingefangen haben) matt und verschwommen. Auch trete ich entschieden der Behauptung entgegen, der Ton von Schartz steche zu sehr aus dem Orchester hervor. Marsalis wurde von der Technik weitaus stärker hervorgestellt. Schartz ist wesentlich mehr in den Orchestersound eingebettet. Schartz contra Marsalis. Wenn man Marsalis einige Manieriertheiten nicht anlastet: 1:1. In den übrigen Konzerten, die auf den beiden CD’s zu hören sind, erweisen sich die beiden Trompeter selbstverständlich ebenfalls als Spitzenmusiker in ihrem Fach.
Der achtzehnjährige Nakariakov hat für Teldec seine dritte Schallplatte aufgenommen. Auf ihr spielt der Paganini der Trompete, wie ihn ein Kritiker genannt hat, hochvirtuose Stücke (Originalkompositionen und Arrangements) und beweist damit einmal mehr, dass er in Sachen zungenbrecherischen Spiels auf der Trompete ein völlig außergewöhnliches Phänomen ist. Da kann man wirklich nur noch staunen. Und dennoch behaupte ich, dass ihm Philippe Schartz in der Musikalität und Sensibilität überlegen ist. Schartz ist, wie ich bereits sagte und wie es inzwischen auch ein anderer Kritiker formulierte « der Sänger auf der Trompete ». Nakariakov kann keinen Bogen so aussingen wie Schartz, er bläst immer den Ton vor dem Atem her, statt ihn auf den Atem draufzusetzen.
Fazit: die Hoffnungen, die allerseits in den sympathischen Luxemburger Trompeter gesetzt werden, sind mehr als nur berechtigt. Er hat, wie das Luxemburger Wort schrieb, alles was ein Musiker braucht. Fehlen tut nur noch das Glück, in die internationale Umlaufbahn gehievt zu werden. In einer Zeit, in der Karrieren längst nicht mehr nur auf Talent beruhen, kann man Philippe Schartz nur die Daumen drücken, dass ihm dieses Glück widerfahren möge.

Händler dirigiert Haydn
♪♪♪♪♪ – Joseph Haydn: Londoner Symphonien Vol. 1 (Nrn. 93, 94,103); Solistes Européens Luxembourg, Jack Martin Händler; 1 CD SEL Classics 99.07-062; Liveaufnahme, Veröffentlichung 02/1999 (74’49) – Rezension von Remy Franck
Als Haydn-Dirigent bringt Jack Martin Händler viele Vorzüge mit: den Atem, die Symphonien ernst und kraftvoll zu gestalten (das heißt, ohne die nicht selten hier festzustellende Verzärtelung der Gefühle), den notwendigen Tiefsinn und das Gespür für feine Ausgewogenheit der Register. Dabei bleibt der Vortrag immer spontan, mit einem belebenden Spiel von Tempo und Dynamik. Mitunter nimmt sein Dirigat auch geniale Züge an, etwa im Andante der 94. Symphonie (‘The Surprise’), wo der ‘Paukenschlag’ provokativ frech und unverschämt wirkt. Das Orchester scheint sich in der Folge darüber regelrecht zu amüsieren und wiehert vor Lachen. In seiner Koketterie klingt der Satz dann ironisch aus, um einem betont tänzerischen, sehr volkstümlichen Menuett Platz zu machen.
Ähnliche Höhepunkte gibt es in den beiden anderen Symphonien, wo Händler jeder Akzentuierung, jeder dynamischen Differenzierung mit dem souverän spielenden Orchester nachspürt. So gelingt es ihm, bei aller Kraft und einem dichten und in den Tutti sogar mächtigen und imposanten Klang, jeden unnötigen Ballast zu vermeiden, der die Aussage nur verfälschen würde.

Tiefschürfender Schubert
♪♪♪♪♪ – Franz Schubert: Symphonien Nr. 4 u. 5; Solistes Européens Luxembourg, Jack Martin Händler; 1 CD SEL Classics 990606; Veröffentlichung 1999 (55’11) – Rezension von Remy Franck
Jack Martin Händler hat zu Franz Schubert eine besonders gute Beziehung. Wer die Tragische c-Moll-Symphonie so schauerlich tief beginnen und auch im Allegro vivace diese Stimmung so sehr nachwirken lassen kann, hat einen Sinn für die Schubertschen Gefühlsgebärden. Das Andante schwankt zwischen größter Wehmut und untröstlicher Hoffnungslosigkeit, während das Menuett recht unwirsch daher kommt. Dieses Gefühl von Ärger und Unwohlsein verstärkt sich im spannungsvoll gespielten letzten Satz, der hier sehr rabiat wirkt.
Die leichtfüßigere Fünfte schafft ein völlig anderes Klima, aber so viel Licht wie in der ersten Aufnahme Händlers gibt es hier nicht mehr. Das stark gedrosselte Tempo im ersten Satz, die Gewichtigkeit der Musik, die betont klare Linienführung auf allen Ebenen gibt dem Allegro etwas Patethisch-deklamatorisches. Feierlich und bekenntnishaft ist auch das Andante. Leicht wird erst das perfekt ausbalancierte Menuett, während der Dirigent im letzten Satz bei gemäßigt schnellem Tempo mehr der Kantabilität nachhorcht als dem Drive der Musik, wie das noch in der ersten Aufnahme der Fall war. Ob man die eine oder die andere Aufnahme vorzieht ist letztlich Gefühlssache. Unbestreitbar ist der Gewinn der Plastizität und des Reliefs im Orchesterspiel und die Qualität der Bläser.

Kammermusik von Milan Slavicky
♪♪♪♪♪ – Milan Slavicky: Ich dien + Schattierung + Anbetung III + Die Augen + Veni Sancte Spiritu + Annäherung II + Synergie; Solistes Européens Luxembourg, Jack Martin Händler, Mondschein Trio, Tschechischer Rundfunkchor, Jan Hora, Orgel, Gergely Ittzes, Flöte, Susan Landale, Orgel, Lenka Skornickova, Sopran, Ivan Zenaty, Violine, Josef Hala, Klavier, Camerata Zürich, Räto Tschupp; 1 CD Studio Matous MK 0051 2 931; Aufnahmen 1991/98 (74’58) – Rezension von Remy Franck
Diese CD vereint acht Werke des tschechischen Komponisten Milan Slavicky (*1947). Am Anfang des Programms steht die ebenso bildhafte wie atmosphärisch dichte Meditation für Kammerorchester ‘Ich Dien’, in deren Mittelpunkt die Figur Johanns des Blinden steht, der in der Schlacht von Crécy sein Leben ließ. Es ist ein ergreifendes Stück Musik, hymnisch und im emphatischen Sinne bei aller Trauer ins Positive transzendierend. Die Solistes Européens Luxembourg spielen ‘Ich dien’ mit ungeheuer Spannung.
‘Schattierung’ für Klarinette, Geige und Cello ist ein klanglich sehr prägnantes, virtuoses Stück und dennoch weitaus mehr als eine ‘Handgelenkübung’.
Die Chorkomposition ‘Beatus vir’, 1984 von den BBC Singers uraufgeführt und hier vom Tschechischen Radiochor gesungen, erinnert in seiner Faktur sehr an ‘Ich dien’, dessen hingebungsvolles Bekennen auch hier in eine Ausdrucksmusik gebracht wird, deren immer wieder gebremster Elan ein Charakteristikum der Slavicky-Kompositionen ist. Das findet sich auch in ‘Anbetung III’ für Soloflöte, in welcher der Klang des Instruments an einen Vogel erinnert, der im Käfig sitzt und immer wieder auf dem Weg in die Freiheit gegen das Netz fliegt. Nun wurde dieses Werk, im Gegensatz zu ‘Beatus vir’ geschrieben, als Tschechien längst seine Freiheit wieder gewonnen hatte. Doch Slavicky ist ein Komponist, der als Postmoderner auch in der Geschichte lebt und Schockbilder tief in sich trägt – so wie jenes seines Besuchs im KZ Mauthausen, der ihn zu der eindringlichen Orgelkomposition ‘Die Augen’ inspirierte -, der aber auch das Spirituelle im Leben nie außer Acht lässt. Konflikt und Vergeistigung sind die Themen, um die alle seine Kompositionen zu kreisen scheinen, so auch die Vokalkomposition ‘Veni Sancte Spiritus’ oder ‘Annäherung II’ für Violine und Klavier, ein Werk, das vom Violinisten Ivan Zenaty und Josef Hala, Klavier, beeindruckend dargeboten wird.
Das Streben Slavickys nach dem Sieg des Guten manifestiert sich in ‘Synergie’ für Bläserquintett und Streichorchester. Auch dies ist ein Werk, das durch starke sinnliche Reize Emotionen auslöst, weil es die Welt in der Ausweglosigkeit ihres Fortschrittsdenkens zu beschreiben scheint, das uns genauso einengt wie der Totalitarismus, in dem Slavicky aufgewachsen ist. Seine stilistische Kontinuität verdeutlicht dies auf erschreckende Art und Weise. Die Synergie erfolgt denn auch weltfremd, nicht einmal transzendierend, sondern ganz banal wie ein Kurz-Schluss. Aber das ist Teil der gleichermaßen fassbaren wie tief gründenden Kunst Slavickys, der zu Recht mit dieser CD eine gebührende Würdigung erfährt.

Händler mit Dvorak und Mendelssohn
♪♪♪♪ – Antonin Dvorak: Symphonie Nr. 9; Felix Mendelssohn Bartholdy: Symphonie Nr. 4 ‘Italienische’; Solistes Européens Luxembourg, Jack Martin Händler; 1 CD SEL Classics 00.02-069; o.A.D. (68’28) – Rezension von Remy Franck
Nicht der große Elan ist für Jack Martin Händler in Dvoraks ‘Symphonie aus der Neuen Welt’ wichtig, sondern es geht ihm vor allem um die Feinfühligkeit, um die Abwägung der Betonungsunterschiede und der Dynamik, um die plastische Deklamation der Themen. Das ist kein impetuoses Vorwärtsdrängen, sondern ein zuchtvoll rhapsodisches Musizieren. Der disziplinierte Streicherchor spielt mit gleichmäßigem Strich und dennoch solistisch großem Bogen und fällt auch durch eine füllige und weiche Tongebung auf, in der er bestens auf die für Händler so wichtigen Holzbläser abgestimmt ist. So kommt es immer wieder zu Tonphänomenen von überraschender Schönheit und großer Ausdruckskraft.
Mendelssohns Vierte wird hier sehr gemütvoll gespielt, und manch einer würde wohl einen prägnanteren Rhythmus vorziehen. Freilich ginge dadurch streckenweise auch jenes Dialogieren im Orchester verloren, die den edlen Charakter von Mendelssohns Musik herausstreicht. Ich denke hier vor allem an das Wort Hans von Bülows: ‘Das schnelle Spielen hat Mendelssohn unverdient in den Verdacht gebracht, dass er mauschelt. Er spricht aber wie ein edler Musiker’. Auch im schnellen Finale opfert Händler die Klangfülle nicht der Nur-Spitzigkeit, die andere Dirigenten oft mit einer homöopathischen Klangverdünnung zu erreichen versuchen.

Händler und Haydn
♪♪♪♪♪ – – Joseph Haydn: Londoner Symphonien (Vol .2); Symphonien Nr. 96, 97, 98; Solistes Européens Luxembourg, Jack Martin Händler; 1 CD SEL Classics 00.03-070; Live 2/2000 (76’55) – Rezension von Remy Franck
Jack Martin Händler setzt mit gleichbleibender Qualität die Aufnahme der späten Haydn-Symphonien fort. Haydn gehört nach wie vor zu den Komponisten, wo Händler seine glänzendsten Leistungen zeigt. Es ist schon bewundernswert, wie der Dirigent die innige Melodik eines haydnschen langsamen Satzes liebevoll nachzuzeichnen versteht, wie er die Menuette mit einer aus Behäbigkeit und Grazie wunderbar gemischten Tanzseligkeit erfüllt und die feurigen Presto-Sätze auf jenen markanten Rhythmus stellt, die den geborenen Haydn-Dirigenten identifizieren.
Im Orchester ist das Kräfteverhältnis zwischen Streichern und Bläsern ideal, das Farbenspiel im Sinne emotional geführten Musizierens exzellent.
Die Natürlichkeit des Empfindens, die Echtheit des Tonfalls lassen die Musik aus sich heraus optimal wirken, weil eben bei Haydn jede Absicht das Beste verdirbt…

Un Mozart ravissant
♪♪♪♪♪ – – W. A. Mozart: Symphonie no 29 K. 201; Symphonie no 41 K. 551 (Jupiter); Solistes Européens Luxembourg, Jack Martin Händler; 1 CD SEL Classics 02.01-087; 2001/02 (55’24) – Critique de Marcel Louis
Deux symphonies très différentes sont au programme de ce CD, la symphonie no 29, d’une ravissante légèreté, et la ‘Jupiter’, une symphonie bien plus complexe à cause des contrastes qui en régissent le développement musical.
Dès les premières notes de l’Allegro moderato initial de la symphonie no 29, l’orchestre des ‘Solistes Européens’ nous saisit grâce à son jeu extrêmement riche et bien équilibré. Nul doute: Händler et ses musiciens étaient inspirés lorsqu’ils ont enregistré cette symphonie. Toute la poésie, le raffinement et le dialogue nécessaires sont là. La texture est dense et met particulièrement en valeur les superbes bois de la formation. Peut-on imaginer des sonorités d’un plus beau satin que celles qu’on entend dans l’Andante? S’y ajoute, tout spécialement dans le très coquet Menuet, une joie manifeste que les instrumentistes ont pris à jouer l’œuvre. Soulignons aussi que Jack Martin Händler n’a pas pris le chemin de la routine, mais nous émerveille tout au long de ce parcours avec une direction très personnelle.
Après tant de fraîcheur et d’élégance, Händler semble vouloir continuer sur cette lancée dans la ‘Jupiter’, qui, d’une toute autre veine, ne s’y prête cependant pas tellement. Mais le chef réagit rapidement à la dramaturgie, et au fur et à mesure où la musique évolue, le climat change. Toutefois, ni le chef ni ses musiciens n’atteignent ici le très haut degré d’inspiration qui a fait de leur 29e un vrai joyau. Parfaite par la qualité du jeu d’ensemble, cette interprétation nous présente – sans chercher la transcendance ni les expressions de douleurs sublimées dans l’Andante – une ‘Jupiter’ noble qui joue sur les mouvances de lumières diffractées de l’orchestre où on admire une fois de plus le discours des bois.

Schwungvoller Mendelssohn
♪♪♪♪ – Felix Mendelssohn Bartholdy: Symphonien Nr. 3 (Schottische), Nr. 4 (Italienische); Solistes Européens Luxembourg, Jack Martin Händler; 1 CD SEL Classics 03.06-084A; Aufnahme o.A. (67’31) – Rezension von Erwin J. Hoesi
Als offenkundiger Auftakt einer Serie von Veröffentlichungen mit Werken von besonderem europäischem Bezug liegen natürlich kaum zwei Werke näher als die ‘Schottische’ und die ‘Italienische’ von Felix Mendelssohn Bartholdy. Als Bürgersohn, dem es vergönnt war, eine ausgedehnte ‘Grand Tour’ auf sich zu nehmen, und bei dem bereits der Name aus einem jüdischen und einem deutschen Teil besteht, ist auch der Komponist für eine derartige Veröffentlichung nachgerade prädestiniert.
Zu den Stärken der Live-Aufnahme gehört die durchgehend schwungvolle Gestaltung der Tempi und eine etwa im Scherzo der ‘Schottischen’ oder im Finale der ‘Italienischen’ wirklich mitreißende, beherzt dargebotene Leichtigkeit. Allerdings hängt dieser als Pferdefuß zugleich in den langsamen Passagen eine wenig in die Tiefe greifende Dynamik an, wodurch die motivische und phrasale Rhetorik manchmal übereilt ausgelegt wirkt – siehe etwa im wenig plausiblen Apotheosen-Gestus des Finales der ‘Schottischen’. Mag sein, dass dies eine natürliche Erscheinung bei Live-Aufnahmen ist, bei einem Repertoire, das derart häufig eingespielt ist wie das vorliegende, liegt aber eben auch die Konkurrenz auf der Lauer. Insgesamt aber weiß die Aufnahme mit genügend positiven Aspekten gegenzulenken, so dass sich ein ausgewogen solider und frischer Gesamteindruck ergibt.

Fein und spritzig
Supersonic – Wolfgang A. Mozart : Sinfonien Nr. 35 & 41, Oboenkonzert; Katsuya Watanabe, Oboe, Solistes Européens Luxembourg, Jack Martin Händler; 1 CD SEL 03.03-081; Aufnahme o.A. (72’37) – Rezension von Alain Steffen
Das ist Mozart! Fein, spritzig, humorvoll, aber auch dramatisch, lyrisch, mitreißend. In den beiden Sinfonien zeigt uns Jack Martin Händler, dass der klassische Mozart trotz Harnoncourt und Konsorten überhaupt nichts von seinem Reiz verloren hat. Der kammermusikalische Klang des Orchesters lässt die Werke ungemein transparent und leichtgewichtig erscheinen, Händlers Dirigat erweist sich dabei als Glücksfall, so dass wir bei beiden Sinfonien einen selten zu hörende Vielseitigkeit erleben. Als ein wahres Juwel entpuppt sich das Oboenkonzert KV 314 mit Katsuya Watanabe. Feingeschwungene Linien, dezente Virtuosität, wunderschöner Klang und exzellente Technik zeichnen Watanabes Stil aus; Händler begleitet mit großem Einfühlungsvermögen und die SEL zeigen wieder einmal, dass sie sich bei der Musik Mozarts (wie auch bei der von Haydn) so richtig wohl fühlen. Eine luxemburgische Produktion, die so manchem starbesetzten Auslandsprodukt überlegen ist und ohne Zweifel eine der schönsten SEL-CDs überhaupt.

Brahms? Kein Brahms!
♪♪ – Johannes Brahms: Akademische Festouvertüre; Symphonie Nr. 1; Solistes Européens Luxembourg, Jack Martin Händler; 1 CD SEL 04.06-089 B; Live o.D. (56’39) – Rezension von Remy Franck
Der Begriff ‘Akademisch’ passt eigentlich ganz gut zu der Ouvertüre, die auf dieser CD zu hören ist. Sonst aber ist es eher eine Zöger-Ouvertüre als eine Festouvertüre. Die Einleitung kommt so zaghaft daher, dass man dem Dirigenten nachhelfen möchte. Und wenn dann der Jubel ausbrechen und die Musik freudig bewegt sein sollte, bleibt sie in einem überzogen moderaten Tempo ein einziges musikalisches Understatement. Auch im weiteren Verlauf kommt bei Händler nicht gerade viel Temperament auf: lahm und schwerfällig krückelt die Musik dahin, transparent wohl, aber ohne Glanz, und in einer desolaten Klangqualität. Die Musik klingt, als habe der Toningenieur dicke wollene Tücher vor die Mikrophone gehängt.
Kaum überzeugender ist die Erste Symphonie: mit pathetisch breiten Tempi, affektbetont, völlig gekünstelt und mit theatralischer Gebärde kommt sie daher. Es ist aber nicht nur das absolut verfehlte, weil unverhältnismäßig überzogene Tempo, das hier zur Demontage der Symphonie führt, sondern auch die vollkommen unausgewogene Klangbehandlung und der fehlende Sinn für Proportion und Maß – die entscheidendsten Aspekte der Symphonik überhaupt! Unter Händlers Einschlaf-Tempi leidet das Ohr umso mehr, als er sein Orchester immer wieder in die Instabilität führt.
Und ich halte das alles wirklich für sehr schlimm, denn hier benutzt ein Musiker einen Komponisten nicht, um ehrlich Musik zu machen, sondern um sich selbst in seiner ureigenen Rhetorik Wichtigkeit und Bedeutung zu verleihen. Das Orchester hätte Besseres verdient.

Trompettiste généreux
Supersonic – ‘après la nuit…’; Arutiunian: Elegy for Trumpet and Strings; Copland: Quiet City; Hindemith: Konzert für Trompete, Fagott und Orchester; Jolivet: Concertino pour trompette, cordes et piano; Wiltgen: Après la nuit…; Philippe Schartz, trompette, Karen Geoghegan, basson, Solistes Européens Luxembourg, Christoph König; 1 CD Chandos CHAN10700; 6/11 (61’07) – Critique de Rémy Franck
Philippe Schartz, un trompettiste aussi généreux que lyrique, nous propose une fois de plus un disque extrêmement bien fait et d’une riche musicalité.
Le Concertino d’André Jolivet ouvre le programme. Philippe Schartz le joue de façon inspirée et enlevée, avec une sonorité magnifique et éclatante. L’élan irrésistible et la souplesse du 1er mouvement sont aussi convaincants que la mélancolie du 2e – où j’apprécie la tenue très constructive de l’orchestre – et la frénésie du finale sont autant d’atouts dans cette belle réalisation. Le lyrisme délicatement parfumé donne à ‘Quiet City’ de Copland un aspect bien touchant.
Schartz, efficacement soutenu par Christoph König, rend très bien le caractère volatile de la musique de Hindemith, sans omettre ce qu’il peut y avoir comme aspects plus sérieux, voire solennels. La courte Elégie de Arutinian mène vers ‘après la nuit…’, le concerto de Roland Wiltgen, une œuvre extrêmement plaisante, virtuose et évocatrice.
Ici, comme dans le reste du programme, les ‘Solistes Européens Luxembourg’ sont irréprochables, comme l’est également la prise de son, transparente et bien équilibrée réalisée expertement par Maurice Barnig au Trifolion d’Echternach.
Sur ce CD, Philippe Schartz démontre une fois de plus qu’il est un musicien pour qui faire de la musique est bien plus qu’un métier…

Klassik und Moderne
♪♪♪♪♪ – – I. Boumans: Meiosis; M. Haydn: Symphonie Nr. 41; A. Schnittke: Moz’art à la Haydn; W.A. Mozart: Symphonie Nr. 41 (Jupiter); Solistes Européens Luxembourg, Christoph König; 1 CD SEL Classics 12.02-116; 9/12 (76’11) – Rezension von Remy Franck
Diese CD kann man als Beweis für zwei Thesen anführen: da ist erst einmal die These, dass moderne Musik nicht verkopft sein und das Publikum überfordern muss. « Wir haben zu oft in den vergangenen Jahrzehnten in der Programmierung von neuer Musik politische Korrektheit und Anbiederung an selbst ernannte Hohepriester der Moderne erlebt statt Überzeugung, Feigenblätter statt Neugierde. Dies hat zu oft Kreativität eingeengt, ja oft abgewürgt. », sagte rezent Franz Welser-Möst in einer Rede zum 200. Geburtstag der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien. Der junge spanisch-luxemburgische Komponist Ivan Boumans gehört nicht in die Kategorie der Hohepriester, und Feigenblätter benutzt er schon gar keine. Dafür ist sein Stück ‘Meosis’ zu bunt und originell, zu rhetorisch-direkt, ein Musikfilm von verblüffender dramatischer Spannweite, geschickt aufgebaut und prächtig orchestriert.
Das andere moderne Stück dieser CD ist Schnittkes ‘Moz-Art à la Haydn’. Schnittke war kein Eklektiker, aber er konnte sehr witzig sein: So z. B. in diesem raffiniert gemachten Stück, das die ‘Solistes Européens’ spielfreudig und unterhaltsam darbieten.
Den Beweis für die These, dass es nicht eines fetzig-rabiat-rapiden Spiels bedarf, um Mozart oder Haydn (Michael in diesem Fall) zur Wirkung zu verhelfen, liefert Christoph König mit letzter Deutlichkeit. Nicht oft hat man ein farbintensiveres Andante in der Jupiter-Symphonie gehört, wo die Holzbläser in einer derartigen Transparenz die Vielgestaltigkeit des Satzes singend unterstreichen, wo sie zu handelnden Charakteren werden und unser Auge im Ohr stark beschäftigen. Die übrigen Sätze werden vital und pulsierend gespielt, aber immer moderat im Tempo. Der erste Satz bekommt einen leicht majestätischen Touch, saftig fundiert mit Paukenakzenten und das Finale erklingt rhythmisch-federnd und prägnant markiert.

Schwung und Dramatik für Pütz, Wagner und Beethoven
♪♪♪♪ – – Marco Pütz: Moods; Richard Wagner: Symphonie WWV29; Ludwig van Beethoven: Symphonie Nr. 7; Solistes Européens Luxembourg, Christoph König; 2 CDs SEL Classics 13.01-118-13.02-119; Live 9/13 (88’25) – Rezension von Remy Franck
Wenn eine neue Komposition auf Anhieb einen bleibenden Eindruck vermittelt, dann ist dem Komponisten schon ein wichtiger Schritt gelungen.
Und wenn dieser bleibende Eindruck zudem noch ein positiver ist, dann kann man von einem richtigen Erfolg sprechen. Und das neue Opus ‘Moods’ von Marco Pütz ist ein solcher Erfolg. Es hat eine klare Struktur, es ist eminent gut orchestriert und, wie der Titel schon ankündigt, sehr stimmungsvoll. Man muss einfach nur hinhören, diese Stimmungen in sich aufnehmen und nachvollziehen, die Dramatik erleben, die aus der Musik spricht. Das ist ein gutes, ein großartiges Werk! Christoph König und die SEL-Musiker sind ganz offensichtlich sehr überzeugt von dem, was sie da spielen und gestalten die Musik opulent und ganz spannend.
Danach erklingen Richard Wagners 1832 entstandene C-Dur-Symphonie und Ludwig van Beethovens Siebte. Diese Kombination macht insofern Sinn, als Wagner sein, wie er selber sagte, « altmodisches Jugendwerk », ganz unter dem Einfluss Beethovens geschrieben hat, dessen Werke er als Dirigent gerne aufführte. Clara Wieck berichtete am 17. Dezember 1832 an Robert Schumann, ihr Vater habe sich die Wagner-Symphonie angehört und sie sei fast eine Kopie von Beethovens 7. Symphonie.
Heinrich Laube hatte nach der Leipziger Aufführung 1833, in der ‘Zeitung für die elegante Welt’ geschrieben hatte: « Es ist eine kecke, dreiste Energie der Gedanken, die sich in der Sinfonie die Hände reichen; es ist ein stürmischer kühner Schritt, der von einem Ende zum anderen schreitet und doch eine so jungfräuliche Naivität in der Empfänglichkeit der Grundmotive, dass ich große Hoffnungen auf die musikalischen Talente des Verfassers gesetzt habe. »
Mehr noch als an Beethovens Siebte erinnert mich die Wagner-Symphonie freilich an die Ouvertüre ‘Die Weihe des Hauses’. In der schwung- und kraftvollen Deutung Christoph Königs wird das besonders deutlich.
Der erste Satz wird spannungsvoll und energisch gestaltet, der abwechslungsreiche zweite Satz wird mit verbindender Dramatik zusammengehalten, und im dritten wird jedes Poltern vermieden. Auch das Finale kommt ohne jegliche Schwere und ohne Pathos in einer virtuosen und dynamisch effektvollen Darbietung bestens zur Geltung.
Auf der zweiten CD dirigiert Christoph König eine klassisch schöne und volltönende Siebte. Mit in den beiden ersten Sätzen recht moderatem Tempo lässt er das Notenmaterial aufblühen und gibt seinen Musikern, vor allem den Holzbläsern und den Hörnern, reichlich Gelegenheit, ihr Können unter Beweis zu stellen. Die beiden Schlusssätze sprühen nur so vor Energie und Rhythmik, wirken aber nie überzogen, so, dass Königs Interpretation zudem ein Musterbeispiel an innerer Balance und stimmiger Dynamik ist.
Carried by fresh impetus the performances of both young Richard Wagner’s Symphony in C and Beethoven’s Seventh are most enjoyable. So is also ‘Moods’ by Marco Pütz, a well-orchestrated and evocative composition.

Ungleiche Zeitgenossen
♪♪♪♪ – Ludwig van Beethoven: Symphonie Nr. 3 (Eroica); Étienne-Nicolas Méhul: Symphonie Nr. 1 g-Moll; Solistes Européens Luxembourg, Christoph König; 1 CD Rubicon RCD1020; Aufnahmen 2011/2012, Veröffentlichung 24/11/2017 (72’05) – Rezension von Remy Franck
Beim britischen Label Rubicon, gegründet von Matthew Cosgrove, dem Chef von Onyx, sind diese schon etwas älteren Liveaufnahmen mit den ‘Solistes Européens Luxembourg’ erschienen.
Zu hören ist zunächst die Erste Symphonie des Franzosen Étienne-Nicolas Méhul (1763-1817), die einst Mendelssohn als Dirigent des Leipziger Gewandhausorchesters dirigierte. Das thematisch nicht besonders eindringliche Werk siedelt sich zwischen Mozart und Beethoven an und ist hier in einer ausgefeilten, sehr federnden und wohl ausbalancierten Interpretation zu hören.
Auch in Beethovens Dritter Symphonie zeigen sich die ‘Solistes Européens Luxembourg’ von ihrer besten Seite und bringen ihre herausragenden spieltechnischen Qualitäten in einem warmen und schön proportionierten Klangbild zur Geltung. In einem dichten Streicherklang leuchten die Holzbläser wie funkelnde Diamanten, die Hörner rufen kraftvoll und die Blechbläser schallen strahlend aus dem Hintergrund.
Das Orchester läuft wie ein Schweizer Uhrwerk, und wenn die Sätze 1, 3 und 4 von instrumentaler Leichtigkeit geprägt sind, so schiebt sich der Trauermarsch wie ein dunkler Einschluss dazwischen. Eine spannende Interpretation, fein gearbeitet in klassischer Tradition.
Enjoyable live recording of Beethoven’s Eroica in Christoph König’s warmly persuasive and exquisitely phrased view, matched by a vivid performance of Étienne-Nicolas Méhul’s First Symphony.

Christoph Königs spannender Schubert
Supersonic – Luciano Berio: Rendering, nach Schuberts Symphonie D-Dur, D936a; Franz Schubert: Symphonie Nr. 9 C-Dur, D. 944 ‘Die Große’; Solistes Européens Luxembourg, Christoph König; 1 CD Rubicon RCD1025; Aufnahmen o.A., Veröffentlichung 22/06/2018 (78’31) – Rezension von Remy Franck
Luciano Berios ‘Rendering’ befasst sich mit Schuberts Symphonie D-Dur (D 936a), die als Klavierparticell-Fragment in drei Sätzen existiert. Berio hat dieses Particell orchestriert, indem er sich auf die ‘Unvollendete’ bezog. Das eigentlich Interessante aber sind die Lücken, die es in Schuberts Material gibt, und die Berio nicht durch stilgetreue ‘Patches’ auffüllt, sondern durch sehr raffinierte, diffuse Kompositionen. Das wirkt, als ob unser hörender Blick auf Schuberts Musik immer durch Nebelschwaden gestört würde.
Christoph König gestaltet die Übergänge in diesem hybriden Werk sehr sensibel und es kommt dann immer zu einem wie im Traum erfolgenden Abgleiten aus der Realität ins Irreale und zurück.
Die ‘modernen’ Passagen erklingen kristallin und transparent, während Schuberts Original viel kräftiger, aber nie schwerfällig wirkt. Unter den
neun verfügbaren Aufnahmen des Werks ist dies zweifellos eine der besten und kohärentesten.
Für Schuberts Große C-Dur-Symphonie (je nach Zählung die Neunte oder die Achte) braucht Christoph König nur 44’45, also ungefähr so viel wie Charles Munch in seiner legendären Aufnahme aus Boston bez. Arturo Toscanini mit dem ‘Philadelphia Orchestra’, etwas weniger als Bernstein/New York Phil oder Karajan/Berliner Philharmoniker, Szell/Cleveland und Guttenberg/KlangVerwaltung. Zum Vergleich: Celibidache und andere haben das Werk auch schon in einer guten Stunde und mehr dirigiert und ungeheuer viel aus der Musik herausgeholt.
Doch auch der direkte Vergleich mit Toscanini etwa ist aufschlussreich. Was bei Toscanini ungemein drängend und wirklich schnell klingt, macht bei König einen ganz anderen Eindruck, weil der Deutsche im Vergleich zum Italiener seine Tempi viel stärker differenziert. Es ist als fahre man in einem Coupé durch eine schöne Landschaft, indem der Fahrer hier ganz nonchalant drauf losfährt, dort abbremst, um die Schönheit der Natur zu genießen und dann, davon innerlich bereichert, wieder beschleunigt, um seinem eigenen Vergnügen freien Lauf zu lassen. Das Scherzo zeigt wohl am besten, wie tänzerisch schwungvoll die Musik bei König und seinem exzellenten Orchester klingt. Draufgängerischer ist eigentlich nur der Finalsatz, der anfangs zum Fliegen beschleunigt wird und dann doch gleich wieder tanzt und dreht.
Eine sehr eloquente und wunderbar gespielte Aufnahme, die auch tontechnisch höchsten Ansprüchen gerecht wird!
Perfectly melting the original Schubert and the added Berio, Christoph König and his orchestra Solistes Européens Luxembourg give a refined, coherent and appealing account of Rendering. In a short, not even 45 minutes long recording of Schubert’s Great C-Major, König entirely convinces with his personal und well differentiated speed selections that never give the listener the impression that the music is too fast. The performance is remarkably fresh, yet also lyrical, despite the rhythmic changes.

Horoskop- und Zahlenmusik
♪♪♪♪♪ – Space Odyssey: Gustav Holst: Die Planeten; Roland Wiltgen: Orbital resonances; Chœur de Chambre de Luxembourg (Antonio Grosu), Solistes Européens, Luxembourg, Christoph König; 1 CD SEL 18.01-018 (Vertrieb: www.sel.lu); Aufnahme 09/2018, Veröffentlichung 01/2019 (61’05) – Rezension von Uwe Krusch & Alain Steffen
(Alain Steffen) Dieser Live-Mitschnitt ist ein wahrer Ohrenschmaus: Christoph König und sein Orchester ‘Solistes Européens Luxembourg’ haben unter dem Titel ‘Space Odyssey’ zwei Werke zusammengestellt, die einen hohen Repertoirewert besitzen: Zum einen Roland Wiltgens Werk ‘Orbital resonances’, das vom luxemburgischen Kulturministerium in Auftrag gegeben wurde, zum anderen Gustav Holsts ‘The Planets’ op. 32.
Wiltgens Werk bietet alles, was man sich von guter zeitgenössischer Musik erwartet: tolle Klangspielereien, Innenspannung, Dynamik, orchestraler Farbenreichtum und ein exaktes Timing sowie eine wohl ausbalancierte Struktur.
Gustav Holsts ‘The Planets’ ist – wenn es überhaupt aufgeführt wird – eher ein Show-Stück für großbesetzte Symphonieorchester. Allerdings, und das beweist diese Aufnahme, gewinnt das Werk an Klarheit, wenn es von einem kleiner besetzten Orchester wie den SEL gespielt wird. Alles wirkt ausgewogener, was insbesondere den langsamen und fein orchestrierten Teilen entgegenkommt, während der gewaltige Mars auch in dieser Besetzung immer noch genug orchestrale Kraft und Aggressivität verströmt.
Christoph König dirigiert beide Partituren mit sicherem Gespür für klare Linien und eine differenzierte Architektur, aber auch für einen wunderbar fließenden musikalischen Ablauf und schöne Klangfarben. Die SEL befinden sich in Hochform und geizen nicht mit einem klangintensiven, transparenten und sehr präzisen Spiel. Der ‘Choeur de Chambre de Luxembourg’ klingt im Schlussteil ‘Neptun’ für mein Empfinden etwas sauer, was den exzellenten Gesamteindruck dieser auch tontechnisch vorzüglichen CD aber nicht schmälert.
(Uwe Krusch) Zum Glück wird die Aufnahme ihrem übergreifenden Titel ‘Space Odyssey’ nicht gerecht, denn eine Irrfahrt durch das All kann man wirklich nicht feststellen. Aber das sollte einem Orchester mit dreißig Jahren Geschichte auch nicht passieren. Auf dieser Aufnahme werden eine Uraufführung des Werkes ‘Orbital Resonances’ des luxemburgischen Komponisten Roland Wiltgen und eines der Paradestücke der großen Orchesterliteratur, ‘The Planets’ von Gustav Holst, vorgestellt.
Wiltgen geht einem metrischen Aspekt auf die Spur. In der Himmelsmechanik wird als Orbitalresonanz die Beziehung meist zweier Himmelskörper zueinander bezeichnet, die auf ihren Kreis- oder Ellipsenbahnen einen regelmäßigen, periodischen Einfluss auf die Schwerkraft des jeweils anderen ausüben, normalerweise, weil ihre Umlaufzeiten durch ein Verhältnis kleiner Ganzzahlen miteinander verbunden sind. Wiltgen stellt die wiederholte Annäherung und Abstoßung beispielsweise einer Sonde an einen anderen Himmelskörper dar, bis es irgendwann endgültig zu einer Entfernung kommt.
Die ‘Orbitalresonanzen’ entfalten in gut zwölf Minuten moderat moderne Klangerlebnisse. Während am Beginn beim Zerren der beiden Himmelskörper miteinander auch harsche Dissonanzen ertönen, werden die Bahnen dann in ruhigere Orbitale sortiert, so dass die Entwicklung nicht mehr auf Kollisionskurs zielt. Während die Streicher vor allem mit perkussionistischen und rhythmischen Aufgaben betraut sind, dürfen die Bläser sich mit prominenten Äußerungen hervortun. Dieses Werk erfährt im Vergleich zu den ‘Planeten’ eine deutliche prägnantere und kantigere Darstellung. Diese bekommt dem Werk sehr gut, so dass es in positiv Erinnerung bleibt.
Die Suite von Holst schafft ein großsymphonisches Charakterbild der zur Entstehungszeit bekannten sieben Planeten unseres Sonnensystems unter astrologischen Gesichtspunkten. So wird der Mars als Kriegsbringer dargestellt und die Venus als Friedensbringerin.
‘Die Planeten’ erfahren eine klar und durchhörbar gestaltete, warmzeichnende Interpretation. In Anbetracht dessen, dass Holst das Werk für ein groß besetztes Orchester geschrieben hat, sind die ‘Solistes Européens’ mit kleiner Streicherbesetzung primär nicht der angesprochene Klangkörper. Allerdings macht Dirigent König aus diesem Umstand das Beste. Er und seine Musiker erzählen in gemessenen Tempi und auf ein rundes Klangbild setzenden Ausgestaltungen die astrologisch den Planeten zugeordneten Eigenschaften. Das klingt sehr schön. Wenn man auch andere Auffassungen kennt, insbesondere die großer Klangkörper, dann zeigen sich die Unterschiede. Etwa gleich beim Mars wird oftmals die rhythmische Prägnanz und Härte der collegno spielenden Streicher dort sozusagen kriegerischer dargestellt. Die Venus oder auch Neptun erfahren dagegen entrücktere Wiedergaben. Die Beurteilung hat natürlich auch mit persönlichem Geschmack zu tun, aber mir fehlen hier die extremeren Sichten.
Ein ärgerlicher Lapsus hat sich beim dreisprachigen Text der Beilage eingeschlichen. Bei Holst hat der französische Text zwei Überschriften, der deutsche nur noch eine, der englische keine. Und der deutsche Text endet in einer Zeile ohne Punkt und Komma und es geht in der Folgezeile Englisch weiter. Wenn man sich schon die Mühe macht, je nach Sprache eigene Erläuterungen zu formulieren, dann ist es schade, dass die so untergehen.
A program of outer space music combines a contemporary work with a larger showpiece. Luxembourg based Solistes Européens and conductor Christoph König give a most successful performance of Roland Wiltgen’s Orbital Resonances as well as a colourful though, due to the smaller orchestra, unusual account on the Gustav Holst’s Planets.

Vital-spontane Farrenc-Symphonien
♪♪♪♪♪ – Louise Farrenc: Symphonien Nr. 2 & 3; Solistes Européens Luxembourg, Christoph König; 1 CD Naxos 8.573706; Aufnahmen 03/2016 + 03/2017, Veröffentlichung 13/04/2018 (67’06) – Rezension von Remy Franck
Louise Farrenc (1804-1875) stammte zwar aus einer Familie von Bildhauern, widmete sich selber aber der Musik. Sie wurde eine bekannte Pianistin, eine unterschiedlich erfolgreiche Komponistin und vor allem die einzige Professorin, die im 19. Jahrhundert am Pariser Konservatorium unterrichtete.
Als Komponistin hat die Schülerin von Anton Reicha vor allem Kammermusik, Klaviermusik und symphonische Musik komponiert, die von ihrem Mann, dem Musikverleger Aristide Farrenc veröffentlicht wurden.
Hector Berlioz soll Louise Farrenc angeblich als seltenes Talent unter Frauen bezeichnet haben. 1836 rezensierte Robert Schumann in seiner ‘Neuen Zeitschrift für Musik’ ihre Variationen für Klavier ausgesprochen positiv.
Farrenc war mit ihren großen Orchesterouvertüren op. 23 und 24 erfolgreich und wagte sich danach an die Gattung der Symphonie. Sie komponierte gleich drei davon (op. 32, 35 & 36).
Die Zweite, in D Dur, entstand 1846 und scheint an die Zweite von Beethoven anzuknüpfen. Es ist ein unbeschwertes, virtuoses Werk, das Christoph König und die ‘Solistes Européens Luxembourg mit viel Elan, Agilität, rhythmischer Energie und spielerischer Spontaneität aufführen.
Zu Farrencs bekanntesten Stücken gehört die Symphonie Nr. 3 in g-Moll von 1849. Mit ihr feierte sie bei der Uraufführung in der ‘Société des Concerts du Conservatoire’ einen ihrer größten Erfolge.
Die ‘Solistes Européens Luembourg’ spielen sie mit federndem Klang, angenehm konturiert, farbig und sehr präsent. Christoph König hält die Spannung durchgehend aufrecht und sorgt sich um einen wohl ausbalancierten, immer wachen und schön geformten Klang, dem es weder in den schnellen Sätzen noch im blumigen Adagio cantabile an Inspiration fehlt. Durch seine Sachkenntnis und seine Ernsthaftigkeit wird die Kunst der Komponistin erheblich aufgewertet.
Diese Luxemburger Farrenc-Einspielung ist also höchst empfehlenswert, und sie ist auch aufnahmetechnisch von allerbester Qualität, angenehm räumlich und transparent.
These are well-paced, unfailingly musicianly and vital readings of two symphonies by Louise Farrenc, eminently serviceable to the French composer’s music.

Solistes Européens Luxembourg mit amerikanischen Farben
♪♪♪♪♪ – – Antonin Dvorak: Symphonie Nr. 9 (Aus der Neuen Welt); Charles Ives: Washington’s Birthday (1. Satz aus der New England Holiday Symphony); Aaron Copland: Quiet City; Philippe Schartz, Trompete, Solistes Européens Luxembourg, Christoph König; 1 CD Rubicon RCD1037; Aufnahmen 2011+ ?, Veröffentlichung 06/2019 (60’01) – Rezension von Remy Franck
Washington’s Birthday ist der erste Satz aus ‘A Symphony: New England Holidays’ deren vier Sätze laut dem Komponisten Charles Ives durchaus auch einzeln aufgeführt werden können. Das ist hier der Fall. Washington’s Birthday ist eine Winter-Musik und gibt einen Eindruck sowohl vom kalten Februar-Wetter in
Connecticut wie auch von Ives’s Erinnerungen an die Scheunentänze in seinem Heimatort. Der Komponist porträtiert auch Kälte und Einsamkeit als Symbole des stoischen Puritanismus unter den alten Leuten in New England, im Kontrast zur lustvollen Tanzwut der Jungen.
Christoph König dirigiert eine spannungsvolle Interpretation. Sie ist unglaublich atmosphärisch, und die eisige, trostlose und in gewisser Hinsicht auch mysteriöse Kälte eines New England-Winters kommt wunderbar rüber.
Leonard Bernstein hat die Neue Welt-Symphonie einmal die Alte Welt-Symphonie genannt. Christoph König illustriert diese Meinung sehr gut in seiner neuen Aufnahme mit den Solistes Européens Luxembourg.
Schwermütig beginnt der erste Satz, wie Warnrufe ertönen die Bläserfanfaren zu gehämmerten Paukenschlägen. Ganz klar, Dvorak ist in der Neuen Welt, aber seine Seele nicht. Glanz und Schwung sind nur amerikanische Fassade, hinter denen Melodien auftauchen, die heimatlich gefärbt sind.
Lagerfeueratmosphäre gibt es denn auch im traurigen Largo keine, Nostalgie und Schmerz bestimmt die Musik und ein kurzes freudiges Aufflackern sinkt fast resigniert in sich zusammen. Die kurzen Generalpausen sind Ausdruck stockenden Bluts und Atems und hier wahrlich atemberaubend in ihrer Wirkung.
Dass Buffalo Bill und afro-amerikanische Spirituals ihren Platz behalten, dafür sorgen der dritte und der vierte Satz, in denen aber auch wieder heimatliche Motive auftauchen und einen aufregenden Kontrast bringen, weil sie das Staunen des Komponisten über sein neues Umfeld und gleichzeitig seine Heimatgefühle ausdrücken. Diesen Ausgleich zu schaffen beweist Dvoraks herausragende Meisterschaft im Komponieren, und dass die Solistes Européens dieser Meisterschaft mit einer faszinierenden Klanglichkeit begegnen, macht diese Aufnahme wertvoll. Ein weiteres Charakteristikum der Interpretation ist, dass es König gelingt, diese Klanglichkeit zu differenzieren, wie bei einem Fotoapparat das Sichtfeld zu vergrößern und zu verkleinern, Grandeur mit Intimität zu kontrastieren. Es ist letztlich, als schwenke Dvoraks Blick zwischen der Heimat und der Neuen Welt hin und her. Die herausragend gute, räumlich perfekt definierte Tonaufnahme trägt maßgeblich zu diesem Eindruck bei.
Das ebenso interessant wie anspruchsvoll zusammengestellte Programm endet mit Aaron Coplands Quiet City. Dies ist eine Liveaufnahme von 2011, während bei Chandos in jenem Jahr das Stück in einer Studioproduktion der Solistes Européens zusammen mit anderen Stücken herauskam. Der Solist auf der Trompete ist (was auf der neuen CD nicht vermerkt ist) der Luxemburger Philippe Schartz. Ihm und den Solistes Européens unter Christoph König gelingt es sehr gut, die delikat parfümierte, impressionistisch-reflektive Stimmung dieser Komposition zu Gehör zu bringen. Die Musik wird so dem dramatischen Kontext des Stücks von Irwin Shaw entrissen, zu dem Copland die Bühnenmusik komponiert hatte, die er in dieses kurze Werk destillierte.
Washington’s Birthday is the first movement from ‘A Symphony: New England Holidays’ whose four movements, according to composer Charles Ives, can also be performed individually. This is the case here. Washington’s Birthday is a winter music and gives an impression of the cold February weather in Connecticut as well as of Ives’s memories of the barn dances in his hometown. The composer also portrays winter temperatures and loneliness as symbols of stoic puritanism among the elderly in New England, in contrast to the lustful dance fever of the younger people. Christoph König conducts an exciting performance. It is incredibly atmospheric, and the icy, bleak and in some ways mysterious cold of a New England winter is wonderfully expressed. Leonard Bernstein once called the New World Symphony the Old World Symphony. Christoph König illustrates this opinion very well in his new recording with the Solistes Européens Luxembourg. In the first movement splendour and verve are only American facades behind which melodies emerge, bearing colors from the composer’s native country. There is no campfire atmosphere in the sad Largo, instead, nostalgia and pain determine the music. The third and fourth movements ensure that Buffalo Bill and Afro-American spirituals retain their place, but they also feature homeland motifs and therefore provide an exciting contrast, because they express the composer’s amazement at his new surroundings and at the same time his homesickness. Dvorak’s outstanding mastery of composing is proved by this perfect balance, and the fact that the Solistes Européens meet this mastery with a fascinating tonal quality makes this recording valuable. The outstandingly good, spatially perfectly defined sound recording contributes significantly to this impression. The programme, which is as interesting as it is sophisticated, ends with Aaron Copland’s Quiet City. Rubicon has here the live recording from 2011, while Chandos released the piece together with other works in a 2011 studio production of the Solistes Européens. The soloist on the trumpet (who is not mentioned on the new CD) is Philippe Schartz from Luxembourg. He and the Solistes Européens under Christoph König deliver a very good account of the Quiet City. The delicately perfumed, impressionist-reflective mood is gripping.

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