Im Rahmen des diesjährigen Styriarte Festivals traten im steirischen Graz im Stefaniensaal zwei Streichquartette auf. Diese Aufstellung ermöglichte einen ungewöhnlichen Ablauf, boten sie doch erst abwechselnd allein und dann zusammen als Oktett ein abendfüllendes Programm. Uwe Krusch hörte jeweils das Gesamtwerk für Streichquartett von zwei Komponisten und das Streichoktett von Mendelssohn Bartholdy.
Fanny Mendelssohn, die jüngere Schwester von Felix, hat nur ein Streichquartett komponiert. Dieses Werk in Es-Dur, das im ersten Satz wie ein Organismus gewachsen und wenig formal startete, führt über das Allegretto, das man als Scherzo hören kann, zu einem Fugato, das das übliche Trio ersetzte und überschwänglich modulierte. Die Romanze gab sich liedhaft und romantisch. Das Finale rundete übermütig das Werk ab.
Das Quatuor Akilone aus Frankreich hatte sich dieses Werk auf die Fahnen geschrieben. In der aktuellen Besetzung ließen die vier jungen Damen die lyrischen und gesanglichen Seiten aufleben. Dabei ließ Primaria Magdalena Geka erkennen, dass ihrer Stimme besonders fordernde Aufgaben mit auf den Weg gegeben waren. Die anderen, Elise De-Bendelac, zweite Geige, Arianna Smith, Bratsche, und Luci Mercat für die Cellostimme knieten sich mit Hingabe in ihre Stimmen und lieferten sehr gut ausgeprägte Darstellungen. Alle zusammen boten sie das Werk mit Spielfreude an und zeigten es von der unbeschwerten Seite, die dem Werk gut anstand.
Für das Konzert hatten sich die Organisatoren einige Besonderheiten überlegt. Zum einen nahmen von Anfang an beide Ensembles auf der Bühne Platz, das Quatuor Akilone links, das Pacific Quartet Vienna rechts, also quasi ohne Kontakt zueinander. Des Weiteren hatten die Veranstalter das Werk von Fanny Mendelssohn als Erholungsmusik für die drei Quartette des österreichischen Komponisten und Dirigenten Gerd Kühr gedacht, um das an moderne Töne nicht so gewöhnte Publikum zu besänftigen. Dass bei den drei modernen Werken mehr Huster und andere Geräusche zu erleben waren, deutete darauf hin, dass das Auditorium gefordert war.
Vor dem Konzert hatten ein Moderator und Gerd Kühr eine Einleitung in die jungen Werke gegeben. Dass es sich nicht um klassisch gebaute Quartette handelte, so erläuterte Kühr, kam schon in den Titeln, ‘Für Streichquartett’, Con Sordino und Moments Musicaux zum Ausdruck. Ein Begriff, der mit weiten Teilen der Musik von Kühr gepaart ist, floss gleichfalls ins Gespräch ein, nämlich der der Kargheit. Alle drei Stücke und damit alle seine Gattungsbeiträge, zeigten sich je kompakt in einem Satz. In „Für Streichquartett“ knüpfte Kühr noch an der Form des Sonatenhauptsatzes an, wobei er eine Transformation statt einer Durchführung schrieb. In Con Sordino beschäftigte ihn das Prinzip des Kanons, das er mit kurzen sparsamen Gesten auslotete. In seinem neuesten Gattungsbeitrag Moments Musicaux folgte er dem Begriff und kombinierte kurze musikalische Schnappschüsse zu einem Ganzen, das als Spiel die Orientierung des Zuhörers forderte.
Das Pacific Quartet Vienna hat sich schon seit einiger Zeit die Stücke von Kühr vorgenommen, so dass sie hier eine überzeugende Expertise aufgebaut haben. Yuta Takase und Simon Wiener, Violine, Chin-Ting Huang, Viola und Cellistin Sarah Weilenmann lebten erkennbar in der Musik. Sie zeigten weder in der technischen Beherrschung noch bei der musikalischen Ausgestaltung Schwächen. So machten sie die nicht ganz einfache Textur zu einem Hörgenuss. Das Publikum konnte teilweise, wie erwähnt, dem nicht ungeteilt mit ebensolcher Freude folgen.
Nach der Pause hatte das Programm einen Selbstläufer gesetzt, nämlich das Streichoktett von Felix Mendelssohn. Hier traten die beiden Quartette vereint im Halbkreis angeordnet auf. Hatten sie als Quartette noch die Geigen an den Außenpositionen positioniert und Bratsche und Cello dazwischen, saßen sie im Oktett klassisch von links nach rechts mit den Violinen, Bratschen und Celli angeordnet.
Mit den beiden Geigern des Pacific Quartet Vienna an den ersten beiden Pulten war eine plastische und sichere Interpretation sichergestellt, die die jugendlich Freude aus dem Werk sprühen ließ. Magdalena Geka am dritten Pult versuchte ihre weniger bedeutsame Rolle mit mimischem Einsatz aufzupolstern, konnte punktuell aber auch interpretatorisch das Geschehen komplettieren. Auch mit körperlich aktivem Einsatz, vor allem aber engagiertem Spiel und enger Abstimmung auch über die Einzelformationen hinaus, prägten alle Beteiligten das Oktett von Mendelssohn.
Damit fand das Konzert im Stefaniensaal, einem als Raum und durch seine Akustik hervorstechenden Ambiente, ein quicklebendiges Ende, was vom Publikum auch gewürdigt wurde.