
Der ukrainische Komponist Valentin Silvestrov komponierte sein 20 Minuten dauerndes Violinkonzert im Jahre 2016. Die Satzbezeichnungen Elegie, Pastorale und Serenade weisen auf den Charakter des Werkes hin. Nur der zweite Satz, Intermezzo, hat mehr Kraft und klingt recht nervös.
Es beginnt mit einer elegisch singenden Geige auf dunklen Orchesterwellen, die von der Tontechnik weiträumig angelegt wurden, so dass eine sehr mysteriöse Klangwelt entsteht, die den Hörer sofort gefangen nimmt. Die Pastorale ist ein wunderbares Naturbild, ungemein suggestiv für den Klangbetrachter, vor dessen innerem Auge sich eine zart-farbige Landschaft voller Ruhe und Frieden auftut.
In der abschließenden, sehr charmanten Serenade vereint sich die von Janusz Wawrowski ausdrucksvoll gespielte Violine mit dem Soloklavier in einem bewegenden Lyrismus.
Das Violinkonzert ist mithin ein klingender Beweis für Silvestrovs Idee von der Poesie: « Die Poesie ist die Rettung des Wichtigsten, nämlich der Melodie als eines ganzheitlichen und unverzichtbaren Organismus. Entweder dieser Organismus existiert oder er existiert nicht. Ich betrachte Musik – auch wenn sie instrumental ist – als eine Form von Gesang. Sie repräsentiert nicht nur eine Philosophie oder Weltanschauung, sondern ist ein Lied der Welt über sich selbst und ein musikalisches Zeugnis der Existenz. »
Seine 8. Symphonie aus den Jahren 2012–13 hat Valentin Silvestrov als eine Kette von Momenten bezeichnet, und sie scheint, von ihren Stimmungen her, von bösen Vorahnungen gezeichnet zu sein. Doch diese Momentaufnahmen werden in dieser packenden Interpretation des australisch-italienischen Dirigenten Christopher Lyndon-Gee zu einer Einheit gefügt, in den sich dunkle Klange mit zarten, melodischen Tönen abwechseln.
Das ergibt manchmal schaurige Kontraste, z.B. wenn nach einer sehr friedvollen Andantino der vierte Teil der Symphonie wie das Klangphoto einer an der ukrainischen Grenzen stehenden russischen Panzerkolonne klingt. Das entwickelt sich spannungsvoll, wenn diesen düsteren Klängen viel hellere gegenübergestellt werden, gefolgt von lyrischem Gebeten und immer noch Gefühlen der Hoffnung. Im folgenden Teil wird die Kriegsmaschinerie immer drohender, aber der Schlussteil zeigt mit hellen Bläserklängen die Hoffnung, auch wenn die dunklen Seiten der Musik nicht verschwunden sind … Starke Musik ist das, in einer starken, eindringlichen Interpretation!
Ukrainian composer Valentin Silvestrov wrote his 20-minute Violin Concerto in 2016. The movement titles – Elegy, Pastorale, and Serenade – hint at the work’s character. The second movement, Intermezzo, is the only one that sounds quite nervous and has more power.
It begins with an elegiac violin melody over dark orchestral waves, spaciously arranged by sound engineering to create a mysterious sound world that captivates listeners immediately. The Pastorale is a wonderful depiction of nature, immensely evocative for listeners, whose inner eye is filled with a delicately colored, peaceful landscape.
In the concluding Serenade, Janusz Wawrowski’s expressive violin playing combines with the solo piano to create moving lyricism.
Thus, the violin concerto is resounding proof of Silvestrov’s idea of poetry: « Poetry is the salvation of the most important thing: melody as a holistic and indispensable organism. Either this organism exists, or it does not. I regard music—even instrumental music—as a form of song. It represents not only a philosophy or worldview, but also a song about the world and a musical testimony to existence. »
Valentin Silvestrov described his Eighth Symphony, composed in 2012–13, as a series of moments, and its mood seems marked by foreboding. However, in this gripping interpretation by Australian-Italian conductor Christopher Lyndon-Gee, these snapshots are woven into a unified whole, where dark sounds alternate with delicate, melodic tones.
This sometimes results in eerie contrasts. For example, after a peaceful andantino, the fourth movement sounds like a sound photo of a Russian tank column standing at the Ukrainian border. The situation becomes tense when these dark sounds are juxtaposed with much brighter ones, followed by lyrical prayers and feelings of hope. The war machine becomes increasingly threatening in the following part, but the final section offers hope with bright wind sounds, even though the dark elements of the music persist. This is powerful music in a powerful, haunting interpretation!