Fünfmal im Jahr findet abwechselnd in Schwarzenberg in den Alpen und in Hohenems am Fuße des Bregenzerwaldes die 1976 von Hermann Prey gegründete Schubertiade statt. Jüngst waren es wieder 8 Konzerte im stimmungsvollen Markus-Sittikus-Saal von Hohenems. Michael Oehme berichtet.

Mit einem reinen Johannes-Brahms-Liedprogramm begann diese Konzertserie. Katharina Konradi ist gewiss eine ausgezeichnete Liedsängerin. Die Lieder in der hohen Sopranlage gesungen, lassen allerdings etwas von der Wärme vermissen, die der Musik von Brahms zu Eigen ist. Merklich zurückhaltend ging Konstantin Krimmel die Gesänge an. Erst in einem Lied wie der ´Mainacht´ konnte sich seine Stimme so recht entfalten. Schlicht berührend dann die Deutschen Volkslieder. Beim ´Guten Abend, gute Nacht´ als Zugabe durfte sogar das Publikum mitsingen.

William Youn
(c) Irene Zandel

Einen Tag später zunächst ein Klavier-Recital mit dem heute 43jährigen  koreanischen Pianisten William Youn. Weniger durch brillante pianistische Brillanz als durch eine wahrlich intellektuelle Durchdringung beeindruckte er mit der Deutung von zwei sehr kompliziert aufgebauten Schubert-Sonaten, der in e-Moll, D 566 und der großen, letzten in G-Dur, D 894.Mit einem ´Lied ohne Worte´ von Felix Mendelssohn-Bartholdy und der Franz-Liszt-Bearbeitung von ´Leise flehen meine Lieder´ bedankte er sich beim begeisterten Schubertiade-Publikum.

Für mich tatsächlich enttäuschend war dann eine ´Winterreise´ mit dem Tenor Julian Prégardien. Fast nur im Mezza-Voce-Gesäusel, gestalteten sich die Lieder noch gespenstiger als schon von Schubert gedacht. Ich möchte doch auch bei der ´Winterreise´ eine schöne Sängerstimme hören! Schade umso mehr um die kongeniale Klavierbegleitung von Daniel Heide. Der Pianist aus Weimar ist inzwischen so etwas wie eine Institution bei der Schubertiade und genialer Begleiter aller großen Künstler, immer auf dem Punkt in jedem Lied.

Jussen & Jussen
(c) Philharmonie Luxembourg

Die Brüder Lucas und Arthur Jussen aus den Niederlanden sind an sich eine Publikumsmagnet. Die zwei jungen, schönen und sympathischen Männer sind aber auch großartige Klavierspieler. Bei Schubert bewiesen sie das mit der tiefgehenden, ans Herz rührenden f-Moll-Fantasie für Klavier zu vier Händen. Und mehr noch dann bei den `Six Morceaux´ op. 11 von Sergej Rachmaninow, einem Klavierzyklus, der an Modest Mussorgkys ´Bilder einer Ausstellung´ heranreicht. Im abschließenden, berühmten hymnischen ´Slava´ konnten die Jussens dann ihre volle pianistische Kraft demonstrieren.

Ein großes Schumann-Liedprogramm boten Christian Gerhaher und Gerold Huber am Klavier, nicht nur mit dem Heine-Liederkreis op. 24 und der ´Dichterliebe´ op. 48, sondern auch mit den Balladen op. 45 und op.49. und vor allem den Sechs Gedichten aus dem ´Liederbuch eines Malers“ op. 36 von Robert Reinick, eine echte Entdeckung selten gehörter Schumann-Lieder. Christian Gerhaher ist nach wie vor ein großartiger Liedsänger, seine Gestaltungskraft steht aber inzwischen weit über dem Schöngesang zurück. Gerold Hubert begleitete wie immer souverän und überwältigend.

Einen interessanten Klaviertrio-Beitrag gab es mit Alexander Sitkovetsky, Violine, Isang-Enders, Violoncello und Wun Quian, Klavier, zum Beispiel mit dem frühen, erst 1922 veröffentlichten Klaviertriosatz B-Dur von Schubert. Auffallend war die betonte Eigenständigkeit der drei Stimmen, die Helligkeit der Violine, die besondere Kantabilität des Violoncellos und das brillante Spiel des Klaviers. Eine im besten Sinne aufregende Interpretation lieferten die drei mit dem so genannten ´Geistertrio´ von Ludwig van Beethoven.

Etwas Besonderes sind immer wieder die Ensemble-Kompositionen von Franz Schubert. Schön vor allem, wenn sie von Sängern wie Ilker Arcayürek, Julian Prégardien, Konstantin Krimmel, Tobias Berndt und natürlich mit Daniel Heide am Klavier so uneitel abgestimmt und homogen gesungen werden. Goethes `Gesang der Geister über den Wassern´ und ´Das Dörfchen´ wurden dadurch zu Höhepunkten. Jeder der vier Sänger durfte auch zwei eigene Lieder beitragen, so zum Beispiel der Dresdner Bariton Tobias Berndt bei seinem längst fälligen Schubertiade-Debüt mit einem wunderschönen ´Im Frühling´ (Still sitz´ ich an des Hügels Hang) (Ernst Schulze).

Julia Kleiter, Christian Gerhaher, Gerold Huber
@Schubertiade Hohenems

Zu Ende ging diese Schubertiade-Woche mit einem reinen Robert-Schumann-Abend, den ´Myrthen´, Goethes ´Wilhelm Meister´-Gesängen und den Romanzen und Balladen op. 64, im Wechsel gesungen von Julia Kleiter und Christian Gerhaher, begleitet wieder am Klavier von Gerold Huber. Schön und beglückend zugleich dieses Konzert. Im August gibt es noch eine Veranstaltungsserie in Schwarzenberg, im Oktober noch 8 Konzerte in Hohenems. Im nächsten Jahr feiert die Schubertiade 50-jähriges Bestehen und wird u. a. das Programm von 1976 rekonstruieren.

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