Harsche Kritik gibt es im Leitartikel der heute veröffentlichten September-Ausgabe von Pizzicato an dem scheidenden Intendanten der Luxemburger Philharmonie, Matthias Naske (er wird neuer Chef im Wiener Konzerthaus) und an Kulturministerin Octavie Modert. Unseren Internet-Lesern sei der Beitrag nicht vorenthalten:

Wie ein Scheich auf den Champs-Elysées…

Sie kennen das: auf den Champs-Elysées in Paris wandelt ein Scheich samt Harem und einer unbegrenzten Kreditkarte von einer teuren Boutique in die nächste. Er braucht aufs Geld nicht zu achten, er kann den Seinen kaufen, was ihr Herz begehrt. Ein solcher Scheich hat nun Luxemburg verlassen, Matthias Naske, Chef-Einkäufer der Philharmonie.

Mit prall gefüllter Börse konnte er sich auf den Champs-Elysées der Musikwelt die Rosinen aus dem großen Tourneegeschäft herauspicken. Hofiert wurde er von den bekanntesten Agenturen, von den bedeutendsten Orchestern. So etwas hatten diese in Luxemburg nicht erlebt. Bis zur Eröffnung des neuen Konzertsaales im Jahre 2005 waren sie aus Luxemburg ganz andere Töne gewohnt, sie wussten, dass die Konzertveranstalter wie die ‘Soirées de Luxembourg’ oder die beiden Festspiele in Echternach und Wiltz nicht viel Geld hatten und ihre Einkäufer – ich weiß es, ich war einer von ihnen – die Gagen herunterhandelten bis zur unteren Schmerzgrenze. Und von einem Tag auf den anderen lag Gold auf Luxemburgs Musikstraßen.

Statt Sekt nur Dom Pérignon, der Staat zahlte ja, und Naske hatte den Verantwortlichen weis gemacht, dass er dieses viele Geld brauchte. Er hat auf diese Weise ein attraktives Programm machen können und das neue Haus con forza auf die höhere Schiene gehoben. Das verdient Anerkennung, aber diese muss auch relativiert werden im Licht eben der Mittel, die dem Intendanten zur Verfügung standen. Mit diesem Geld hätten auch viele andere ein ähnlich anziehendes Programm zusammenstellen können. Soviel zur Entmystifizierung der Figur Naske. Dass ihm kein Denkmal auf der ‘Place de l’Europe’ errichtet werden muss, liegt aber vor allem auf einer ganz anderen Ebene. Die Rücksichtslosigkeit, mit der dieser unberufene Alleinherrscher sich im Luxemburger Musikleben aufführte, ist skandalös. Und man sage mir nicht, er sei doch immer so nett und freundlich gewesen, denn das war nur Fassade.

Vieles, was in Luxemburg gewachsen war, war ihm ein Dorn im Auge, und dazu gehörten z.B. die Echternacher Festspiele. So gab er in einem Gespräch mit mir im März 2012 seiner Hoffnung Ausdruck, die Echternacher Festspiele bald von der Bildfläche verschwinden zu sehen. « Kratzen die denn nicht bald die Kurve? », sagte Naske wortwörtlich und mit einem hämischen Lächeln.

Die Philharmonie hat tatsächlich durch eine Konkurrenz-Programmierung während der Festivalzeit das renommierte Musikfestival an der Sauer an den Rand des Abgrunds getrieben. Das war früher anders. Da gab es ein Abkommen, demzufolge die ‘Soirées de Luxembourg’ ihre Saison vor Beginn der Echternacher Festspiele beendeten. Und das war gut und richtig!

Ein Dorn in Naskes Auge war von Anfang an auch das Philharmonische Orchester Luxemburg, das ihm als Residenzorchester aufgezwungen worden war und an dessen Qualität er mehr als nur zweifelte. Wie unwillkommen sie ihm waren, zeigte er den Musikern wie auch den Managern, die anfangs nicht einmal ihre Flyer und Programmhefte in ‘ihrem’ Haus auslegen durften, da er für diese Art Werbung das Monopol beanspruchte.

Dass Naske sich in diesen wie in anderen Fällen so benahm, ist ihm vorzuwerfen, doch Vorwürfe gehen zwangsläufig auch an die, die ihn gewähren ließ, und das ist Kulturministerin Octavie Modert, die seit 2004 das Ressort zuerst als Staatssekretärin und danach als Ministerin leitete. Völlig unerfahren und ahnungslos, was den Musikbetrieb anbelangt, ließ sie sich von Anfang an aus ihrer profunden Unsicherheit heraus von Naske um den Finger wickeln und blieb anderen Meinungen als den seinigen gegenüber weitgehend verschlossen. Diese Uneinsichtigkeit und die bedingungslose Unterstützung Naskes nach der Fusion von Philharmonie und OPL haben letztlich dazu geführt, dass Naske freie Hand hatte, um die ihm so lästigen Luxemburger aus dem Management des Orchesters hinaus zu bugsieren und dem Orchester letzten Endes die verdiente erste Rolle im Haus doch nicht zu gewähren. Doch zu diesem Thema und zu weiteren Fakten, die dazu beitragen können, Naske vom Podest herunter zu holen, auf den die Ministerin ihn gestellt hat, mehr in unseren nächsten Heften.

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