Pure Mussorgsky; Piotr Mussorgsky: Bilder einer Ausstellung, Lieder und Tänze des Todes; Elena Pankratova, Sopran; Andrej Hoteev, Klavier; 1 CD Berlin Classics 0300 568 BC; 12/13 (63'42) – Rezension von Remy Franck

Modest Mussorgskys berühmter Klavierzyklus ‘Bilder einer Ausstellung’ inspirierte viele Pianisten zu sehr eigenen Interpretationen. Eine der speziellsten legt das Label Berlin Classics nun mit dem Pianisten Andrej Hoteev vor. Es sind nicht nur Tempi und Dynamik, die uns ein so besonderes Klangerlebnis bieten, sondern der Umstand, dass der in Hamburg lebende russische Pianist für seine Einspielung Mussorgskys Original-Handschriften verwendet hat, die ihm zufolge von dem üblicherweise benutzten Notenmaterial erheblich abweichen (Erklärungen dazu gibt es aus der Feder des Pianisten im Booklet). Hoteev spielt natürlich auch die oft weggelassene ‘Promenade’ zwischen den Sätzen ‘Samuel Goldberg und Schmujle » und dem ‘Marktplatz von Limoges’. Und dennoch sind Hoteevs Tempi letzlich bestimmend für den Höreindruck. Normalerweise dauert das Stück knapp 35 Minuten, Hoteev braucht über 41 Minuten. Die Tempi sind entsprechend gewöhnungsbedürftig, bringen jedoch letztlich Klänge hervor, die durchaus attraktiv sind. Der Hörer wird gewissermaßen gezwungen, sich das Stück neu anzueignen.

Ganz apart ist auch die Interpretation der Klavierfassung der ‘Lieder und Tänze des Todes’, für die es auch zwischen der Ausgabe der Mussorgsky-Edition und dem Originalmanuskript, das in der russischen Nationalbibliothek in St. Petersburg aufbewahrt wird, viele Abweichungen gibt. Hoteev engagierte für seine Aufnahme keinen Bariton und keinen Bass, wie das meistens der Fall ist, sondern eine Sopranistin mit einer Stimme, die mit der der Opernsängerin Daria Leonowa zu vergleichen ist, die Mussorgsky oft bei Liederabenden am Klavier begleitete. Sie soll einen bemerkenswerten Stimmumfang besessen haben und zum Belcanto ebenso fähig gewesen sein wie zum hochdramatischen Gesang. Die Einspielung mit der hochdramatischen Sopranistin Elena Pankratova ist laut Booklet die erste, die sämtliche Originaltonarten der Stücke respektiert.

Auch an das muss sich das Ohr gewöhnen. Aber es gewöhnt sich rasch und genießt diese ‘neuen’ Lieder, die Pankratova mit vielen Nuancen und einem bemerkenswerten dynamischen Umfang hoch expressiv singt, derweil Hoteev dem Klavierpart eine ungewohnte Ausdruckskraft gibt.

This is a very special version of both the Pictures and the Songs, as Hoteev uses the original manuscripts and allows himself the use of an unusual range of tempi and dynamics.

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