Piotr Tchaikovsky: Symphonien Nr. 4 op. 36, Nr. 5 op. 64 & Nr. 6 op. 74 (Pathétique); Arctic Philharmonic, Christian Lindberg: 2 SACDs BIS 2178; Aufnahmen 2012, 2015, 2016, Veröffentlichung 12/2016 (128'50) – Rezension von Remy Franck

Christian Lindberg dirigiert Tchaikovskys finale Symphonien-Trilogie. Man hätte sowas von ihm nicht unbedingt erwartet. Wenn sich der Leser auf Anhieb die Frage stellt, was das Unternehmen denn angesichts der Fülle an hervorragenden Aufnahmen nun bringen soll, so will ich auf genauso auf Anhieb antworten: viel Klangopulenz! In den Aufnahmen insbesondere der Vierten und der Sechsten büßen die Streicher an Präsenz ein, wovon die Bläser eindeutig profitieren. Das kräftige Holz klingt vorne mittig, das Blech agiert sehr, sehr prominent etwas nach hinten, seitlich weiträumig eingerahmt von den Streichern. Das ergibt in der Surround-Wiedergabe so manchen neuen Höreindruck, und eine großartig wirkende Transparenz mit schillernden Farben.

Letztlich scheint es hier aber mehr um eine Orchestershow zu gehen als um Tchaikovsky-Fatum. Das 2009 gegründete ‘Arctic Philharmonic Orchestra’ setzt sich zusammen aus Musikern der ‘Bodø Sinfonietta’, des ‘Tromsø Chamber Orchestra’, der ‘Norwegian Army Band North’ und der ‘Landsdelsmusikerne of North Norway’. Christian Lindberg ist ‘Principal Conductor’ des Orchesters. Es ist eine hervorragende Truppe!

Nun gibt es aber noch mehr zu berichten. Lindberg überrascht in Sachen Tempi weil er sich, wie er selber sagt, sehr genau an Tchaikovskys Metronomangaben hält und vieles daher hier anders wirkt als man es gewohnt ist. Oft wirkt sein Dirigieren recht bedächtig, und manchmal, wie etwa in der Codas der Vierten oder im ersten Satz der Fünften, ungemein schnell.

Auffallend ist auch die rhythmische Arbeit des Dirigenten, die etwa im dritten Satz der Fünften Symphonie zu Feinziselierungen der besonderen Art führt.

Insgesamt aber muss man feststellen, dass es hier vor allem um Klangwirkungen geht, und nicht um tiefschürfende, aufs Emotionale zielende Interpretationen. Lindberg legt die drei Symphonien ganz klar auf westlichen Klang an, und daher sind wir von einem Kitajenko-Tchaikovsky und dessen klanglich verdichteter Vertiefung meilenweit entfernt.

Aber wer sich an durchgehend spannungsvollem Spiel, exquisitem Orchestersound und oft erstaunlichen solistischen Interventionen im Orchester erfreuen und auf den Rest verzichten kann, wird mit diesen Aufnahmen sicherlich nicht unglücklich sein.

Christian Lindberg’s account of Tchaikovsky’s Trilogy shows a lot of imaginative vividness and has a brilliant orchestral sound, with well-focussed wind instruments. The Arctic Philharmonic is an outstanding band!

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