John Corigliano: Symphony No. 1; Michael Torke: Bright Blue Music; Aaron Copland: Appalachian Spring Suite; National Orchestral Institute Philharmonic, David Alan Miller; 1 CD Naxos 8.559782; Aufnahme 06/2015, Veröffentlichung 07/2016 (73'58) – Rezension von Remy Franck

Erste Vorbemerkung: Das Gute an CD-Geräten ist, dass man sie programmieren kann. In diesem Fall erlaubt das die Korrektur einer grundfalschen Reihenfolge. John Coriglianos hoch emotionale, sehr persönliche Erste Symphonie hätte mit ihrem leise absterbenden Finalsatz an den Schluss dieses Programms gehört, und nicht an den Anfang, vor ein unbesorgt heiteres Stück!

Zweite Vorbemerkung: Das ‘National Orchestral Institute Philharmonic’ ist ein Jugendorchester, das sich aus amerikanischen und ausländischen Musikstudenten zusammensetzt. David Alan Miller ist seit 1992 ‘Music Director’ des ‘Albany Symphony’.

Michael Torkes ‘Bright Blue Music’, das zweite Stück in der originalen Reihenfolge ist ein frisches, unbeschwertes Orchesterstück mit schönen Farben. Es wird genauso lebendig und auf sehr hohem Niveau musiziert wie Coplands Suite aus dem Ballett ‘Appalachian Spring’.

Das Hauptwerk, das, was an den Schluss gehört hätte, weil der Hörer danach Stille braucht, ist Coriglianos Erste Symphonie. Sie entstand 1989 und ist ein bewegendes ‘Tombeau’ des Komponisten für einige seiner engsten Freunde, die in den Achtzigerjahren an AIDS starben.

Der erste Satz, ‘Of Rage and Rememberance’ ist eine wütende Antwort auf die Epidemie, die damals für viele Infizierte unweigerlich den Tod bedeutete. Der Ärger wird immer wieder durch Erinnerungen an das Zusammensein mit den Freunden unterbrochen. Der zweite Satz ist eine Tarantella – der Tanz, der dem fatalen Biss einer Tarantel folgt. Das Stück erinnert an einen Freund Coriglianos, dem er bereits 1970 die Tarantella aus den ‘Gazebo Dances’  gewidmet hatte. Der Komponist sagt: « The association of madness and my piano piece proved both prophetic and bitterly ironic when my friend, whose wit and intelligence were legendary in the music field, became insane as a result of AIDS dementia. »

Die nachfolgende Chaconne erinnert ebenfalls ganz präzise an eine Person, und zwar an den Cellisten Giulio, der ebenfalls an AIDS starb. Es ist eine düstere Musik, die durchaus an Mahler erinnern kann und mit einem Trauermarsch endet.

Der kurze Epilog ist eine Sterbemusik, wie man sie bei Bruckner, Mahler und Tchaikovskys findet, ein Stück, das sich graduell abbaut und mit einer einzigen Cellonote endet. Dass auf der CD danach Torkes üppige ‘Bright Blue Music’ folgt, ist unverständlich. Also: vor dem Hören dieser hörenswerten CD bitte die Reihenfolge andern.

Obwohl John Coriglianos Symphonie Nr. 1 von den Widmungsträgern, dem ‘Chicago Symphony Orchestra’ und Daniel Barenboim für Erato aufgenommen wurde und eine weitere Aufnahme mit dem ‘National Symphony Orchestra’ unter Leonard Slatkin folgte, wird das zwar oft aufgeführte Werk quasi nur in den USA gespielt, ein Beweis mehr dafür, wie engstirnig und unwissend viele sind, die in Europa Orchesterprogramme ausarbeiten.

John Corigliano’s ‘First Symphony’ is an intense and extremely moving work composed in memory of some of his friends who died of AIDS in the Eighties. Written for a very large orchestra, the passionate music is evolving between furious outbursts and tenderness, symbolizing desperate anger and great sadness. Nearly 30 years after its premiere, it has nothing lost of its power and can be considered as a landmark symphony commemorating whatever rage we feel towards fate and death and whatever form of sorrow we would adopt. It is a compelling symphonic score, that will never lose its importance, and since it is hardly played in Europe, this proves how narrow-minded orchestral managers are in this part of the world.

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