Thomas Adès: Arcadiana for string quartet, op. 12; Per Nørgård: Quartetto breve (String Quartet No. 1); Hans Abrahamsen: 10 Preludes, (String Quartet No. 1); Danish String Quartet (Rune Tonsgaard Soerensen, Frederik Oland, Violine, Asbjoern Noergaard, Viola, Fredrik Schoeyen Sjoelin, Violoncello; 1 CD ECM New Series 2453; Aufnahme 05/2015, Veröffentlichung 04/2016 (46'55) - Rezension von Oliver Fraenzke

Drei jugendfrische Streichquartette zeitgenössischer Komponisten sind auf der neuen CD des ‘Danish String Quartet’ zu hören: Die drei je im Abstand von etwa zwanzig Jahren geborenen Komponisten schrieben ihre jeweils ersten Streichquartette alle Anfang zwanzig.

Nur sieben Minuten dauert das 1952 komponierte ‘Quartetto Breve’ des dänischen Komponisten Per Nørgård, Preisträger des diesjährigen Ernst-von-Siemens-Musikpreises. Nørgård erfindet sich selbst mit jedem Stück neu, und dessen eingedenk trägt doch alles seine unverkennbare Handschrift. Auch in diesem noch zu Studienzeiten fertiggestellten ersten Quartett wird dies unweigerlich spürbar, wenngleich es noch etwas mehr den Vorbildern verpflichtet erscheint. Die beiden Sätze sind wie aus einem Guss geschaffen in einem großen stringenten Spannungsbogen, der doch eine beinahe improvisatorische Leichtigkeit und subtile Freiheit enthält. Es wäre sehr zu wünschen, dass diesem großartigen Komponisten international noch mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird und nach und nach alle seine Werke auf CD festgehalten werden. (Immerhin wurde nun der Symphonien-Zyklus für Dacapo mit Dausgaard, Oramo und Storgårds vollendet – nun bleibt nur zu hoffen, dass der Komponist uns auch noch eine neunte Symphonie schenkt!)

Einen unmittelbar ‘nordischen’ Klang weisen auch die ’10 Preludes’ auf, das 1973 entstandene ‘String Quartet No. 1’, von Hans Abrahamsen, einem Schüler Nørgårds. Diese nordische Musik ist keiner Schule fest verschrieben, sie besitzt große Individualität und Freiheit des Stils, weist dazu eine gewisse Schroffheit auf und eine latente Kälte – nicht zu verwechseln mit Unterkühltheit. Die balladesken Miniaturen können immer wieder überraschen, direkt aufschrecken wird der Hörer bei der finalen Nummer zehn, welche genauso hätte der Zeit von Händel oder Bach entstammen können und somit geradezu unpassend den Zyklus beschließt – welch ein aufrüttelnder Scherz!

Das jüngste Werk, von 1994, heißt ‘Arcadiana for String Quartet’ op. 12 und entstammt der Feder des Engländers Thomas Adès, der besonders mit seiner Oper ‘The Tempest’ Berühmtheit erlangte. ‘Arcadiana’ bezaubert hauptsächlich durch eine enorme Fülle interessanter Klangeffekte, kontinuierliche Motivrepetitionen und teils erlesene Melodieschönheit (vor allem in VI. ‘O Albion’).

Das große Charakteristikum des ‘Danish String Quartet’ ist die Menschlichkeit und die Seele in ihrem Musizieren. Dies wird hauptsächlich erreicht durch ein kontinuierliches und einheitliches Atmen, welches die Musik gliedert und einen fortlaufenden Fluss schafft. Das angestrebte Ideal scheint der Gesang zu sein, so dass die Instrumentalstimmen regelrecht wie gesungen wirken. So wird auch zu keiner Zeit das Extrem statisch ausgeschöpft, weder schreiend laut noch unhörbar leise, weder überstürzt nach vorne drängend noch verschleppt. Alles erklingt aus der Ruhe und dem Nichts heraus, beinahe in einem meditativen Zustand und durchweg von innen erfühlt. Das ‘Danish String Quartet’ erlebt die Musik in deren Kern und bewegt sich jenseits alles Überkünstelten, woraus ein authentisches Hörerlebnis entsteht.

The Danish String Quartet performs three first string quartets by Thomas Adès, Per Nørgård and Hans Abrahamsen, mesmerizing the listener with an inwardly felt and naturally breathing musicianship emerging from authentically experienced silence.

 

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